Neuer Verteidigungsminister in Kiew

Kiew (dpa) - Das Parlament der krisengeschüttelten Ukraine hat den bisherigen Chef der Nationalgarde, Stepan Poltorak, zum neuen Verteidigungsminister gewählt.

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Für den Vorschlag von Präsident Petro Poroschenko stimmten 245 der 445 Abgeordneten, wie die Oberste Rada in Kiew mitteilte.

Poltoraks Vorgänger Waleri Geletej war nach nur drei Monaten im Amt entlassen worden, weil die Armee im Kampf gegen prorussische Separatisten keine entscheidenden Erfolge erzielte. Der 49 Jahre alte Generaloberst Poltorak ist schon der vierte Verteidigungsminister der früheren Sowjetrepublik seit dem Sturz des damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch zu Jahresbeginn.

Das Parlament verabschiedete in seiner letzten Sitzung vor der Parlamentswahl am 26. Oktober zudem ein Paket von Reformgesetzen. Es beschloss unter anderem die Einrichtung eines Antikorruptionsbüros sowie eine Reform der Generalstaatsanwaltschaft. Diese war von der Europäischen Union zur Bedingung für ein weitreichendes Partnerschaftsabkommen gemacht worden. Das Dokument wurde mittlerweile von der Obersten Rada und dem Europaparlament ratifiziert. Korruption gilt in der Ex-Sowjetrepublik als weit verbreitet.

Bei erneuten Kämpfen im Konfliktgebiet Ostukraine wurden nach Behördenangaben aus Kiew innerhalb von 24 Stunden sieben Soldaten getötet. Internationale Experten reisten für Untersuchungen zum Trümmerfeld des malaysischen Flugs MH17 im Gebiet Donezk, wie örtliche Behörden mitteilten. Die Maschine mit 298 Menschen an Bord war im Juli vermutlich nach Raketenbeschuss abgestürzt.

Nach den jüngsten Entspannungssignalen loten derweil die Außenminister Russlands und der USA, Sergej Lawrow und John Kerry, Möglichkeiten einer politischen Lösung der Ukraine-Krise aus. Die beiden Politiker wollen heute in der französischen Hauptstadt Paris zu einem Gespräch zusammenkommen.

Vor dem Treffen hatte Lawrow auch den USA vorgeworfen, zu wenig für ein Ende des Konflikts zu unternehmen. Er kritisierte in einer Rede in Moskau, der Westen sei nicht bereit, mit Russland auf Augenhöhe zu sprechen. Ungeachtet der „unfreundlichen Schritte“ von EU und USA verschließe sich Moskau aber nicht der Zusammenarbeit, betonte der Minister.

Ein russischer Teilabzug aus dem Grenzgebiet zur Ukraine nährt die Hoffnung auf eine Entspannung in der schwersten Krise in Europa. Die ukrainische Führung bestätigte, dass Russland wie angekündigt Soldaten aus der Region abziehe. Die Nato prüft die Angaben.

Die prorussischen Separatisten signalisierten zudem Kompromissbereitschaft. Die Aufständischen würden einem möglichen deutsch-französischen Beobachtereinsatz in der Ostukraine grundsätzlich zustimmen, sagte einer der Anführer, Andrej Purgin, in Donezk. Die militanten Gruppen erlaubten zugleich ukrainischen Helfern den Zugang zum Trümmerfeld des malaysischen Flugzeugs MH17, das im Juli in der Ostukraine vermutlich durch Raketenbeschuss abgestürzt war. Dabei waren 298 Menschen umgekommen.

Inmitten dieser Entspannungssignale verhängte Russland einen Importstopp für ukrainischen Käse. Die Produkte würden „zahlreiche Verstöße aufweisen“, teilte die Agraraufsicht in Moskau der Agentur Interfax zufolge mit. Für die Ukraine ist Russland ein wichtiger Exportpartner, 2013 gingen 24 Prozent aller Ausfuhren in das Nachbarland. Bereits in der Vergangenheit hatte Russland immer wieder die Einfuhr von Produkten aus der Ukraine verboten, etwa Fischkonserven, Alkohol und Schokolade. Die Ukraine wirft Russland für solchen Importstopp politische Motive vor, um der klammen Ex-Sowjetrepublik zu schaden.

Wegen des Ukraine-Konflikts wurde derweil der für Ende Oktober im russischen Sotschi geplante Petersburger Dialog zwischen Deutschland und Russland abgesagt. Das Treffen werde auf einen späteren Termin verschoben, teilte der Vorsitzende Lothar de Maizière nach einer entsprechenden Einigung der Vorstände der Lenkungsausschüsse beider Seiten mit. Man wolle sich nicht in die politischen Auseinandersetzungen hineinziehen und instrumentalisieren lassen.

Mehrere deutsche Nichtregierungsorganisationen hatten sich zuletzt gegen eine Teilnahme am Sotschi-Treffen entschieden, der seit Jahren als Forum der Zivilgesellschaften beider Länder dient. Darunter sind die Heinrich-Böll-Stiftung und die Organisationen Deutsch-Russischer Austausch und Europäischer Austausch. Die Gruppen hatten ihre Haltung in einem Brief an die Bundesregierung mit Russlands Agieren im Ukraine-Konflikt und Repressalien gegen russische Organisationen begründet.

Der Putin-Gegner und frühere Ölmagnat Michail Chodorkowski warnte davor, Russland wie im Kalten Krieg völlig zu isolieren. In Europa könne sich niemand ein Russland wünschen, das an Nordkorea erinnern würde, sagte der Ende 2013 nach jahrelanger Haft freigelassene Kremlkritiker in Prag. Es gelte, Russland als - wenn auch schwierigen - Nachbarn zu sehen und den Dialog mit reformbereiten Kräften zu suchen.