Oppositionspolitiker warnt vor Erdogan-„Diktatur“
Istanbul (dpa) - Vor der Parlamentswahl in der Türkei warnt die Oppositionspartei HDP vor einem Abgleiten des Landes in eine Diktatur unter Präsident Recep Tayyip Erdogan.
Der Ko-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtas, sagte der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul, bei der Wahl in drei Wochen müsse verhindert werden, dass das von Erdogan geforderte Präsidialsystem eingeführt werde. „Unter der Präsidentschaft würde eine Diktatur geschaffen.“ Nur durch den Einzug der pro-kurdischen HDP ins Parlament in Ankara könne ein unkontrollierter Machtzuwachs Erdogans gestoppt werden.
Sollte die HDP an der Zehnprozenthürde scheitern, könnte die islamisch-konservative Regierungspartei AKP ausreichend Sitze für eine Verfassungsänderung gewinnen. Die von Erdogan mitgegründete AKP hat angekündigt, dann ein Präsidialsystem einzuführen. Demirtas zeigte sich zuversichtlich, dass die HDP die Hürde am 7. Juni überwindet. „Ich habe keinerlei Zweifel“, sagte er.
Umfragen sagen der HDP ein Ergebnis um die zehn Prozent voraus. Demirtas setzt angesichts der drohenden Zitterpartie auch auf türkische Wähler in Deutschland. Von dort rechne er mit 200 000 Stimmen, sagte er. 2,9 Millionen Auslandstürken sind bei der Wahl stimmberechtigt, knapp die Hälfte davon in Deutschland.
Demirtas warf Erdogan vor, Wahlkampf für die AKP zu betreiben und gegen die Verfassung zu verstoßen, die dem Präsidenten Neutralität vorschreibt. „Seine Kampagne basiert darauf, Lügen über mich zu verbreiten.“ Auch die Wahlkommission sei nicht unabhängig. „Im Beamtenapparat gibt es niemanden, der keine Angst vor dem Präsidenten hat.“ Die HDP tritt für mehr Rechte für Kurden, aber auch für andere Minderheiten ein. Die basisdemokratische Partei wird gleichberechtigt von Demirtas und der Ko-Vorsitzenden Figen Yüksekdag geführt.