Chefdiplomaten-Treffen in Wien OSZE-Vorsitzender Kurz fordert mehr Kompromissbereitschaft
Mauerbach (dpa) - Zur Entschärfung des Ost-West-Konflikts sind aus Sicht des OSZE-Vorsitzenden Sebastian Kurz künftig deutlich mehr Dialogbereitschaft und Flexibilität auf allen Seiten nötig.
Die EU und Russland sollten aufeinander zugehen, mahnte Kurz auf einem informellen OSZE-Außenministertreffen in Mauerbach bei Wien. „Wir müssen uns auch bewusst sein, Frieden wird es auf unserem Kontinent nur mit und niemals gegen Russland geben.“ Die OSZE mit ihren 57 Mitgliedsländern habe mit einem massiven Vertrauensverlust zwischen den Staaten und einem überwunden geglaubten Blockdenken zu kämpfen. „Das alles wollen wir nicht.“ Als Erfolg wertete Kurz die weitgehende Einigung aller 57 Mitgliedsnationen auf wichtige OSZE-Personalfragen.
So soll der Schweizer Diplomat Thomas Greminger neuer OSZE-Generalsekretär werden. Er sei sehr optimistisch, dass dieser Vorschlag bald auch formal abgesegnet werde, meinte Kurz. Der 1961 geborene Greminger war Schweizer OSZE-Botschafter. Er folgt dem jüngst ausgeschiedenen Italiener Lamberto Zannier, der seinerseits neuer Hochkommissar für Minderheiten werden soll. Die ehemalige Außenministerin Islands, Ingibjörg Solrun Gisladottir, soll Direktorin des Büros für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) werden. Harlem Désir, bislang Staatssekretär für Europafragen im Außenministerium in Paris, werde voraussichtlich der OSZE-Medienbeauftragte, kündigte Kurz an.
Die rund 30 Außenminister berieten bei dem informellen Treffen auch über die Themen Migration, Terrorismus und Menschenrechte. Beschlüsse dazu waren nicht vorgesehen.
Nicht erst seit der Besetzung der Halbinsel Krim sowie den Kämpfen prorussischer Separatisten in der Ostukraine haben sich Ost und West entfremdet. Russland seinerseits hatte die Pläne zur Ost-Erweiterung der Nato als Bedrohung empfunden. In allen Fällen ist aus Sicht der Beteiligten die europäische Sicherheitsarchitektur erschüttert worden.
Der Sicherheitsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Wolfgang Richter, betonte die Unverzichtbarkeit der OSZE. „Sie ist der einzige umfassende Kommunikationskanal, wo über alle Fragen geredet wird“, sagte Richter der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe darum, teils völlig übertriebene Bedrohungsszenarien wieder zurecht zu rücken. „Es gibt keinen Aufmarsch russischer Truppen an den Grenzen der baltischen Staaten“, sagte Richter zu Ängsten dieser Länder.
Die Rolle der OSZE sei jahrelang verkannt worden und erst mit dem Ukraine-Konflikt, wo sie mit zahlreichen zivilen Beobachtern die Verletzungen des Waffenstillstands dokumentiert, wieder aufgewertet worden. „Ihre Krisenmanagement-Rolle ist ganz erheblich geworden“, sagte Richter. An einer Intensivierung des Dialogs führe kein Weg vorbei.