Pakistanische Taliban ermorden Alpintouristen am Nanga Parbat

Islamabad (dpa) - Taliban-Kämpfer haben im Norden Pakistans das Basislager des Berges Nanga Parbat gestürmt und zehn ausländische Alpinisten getötet. Vier Ukrainer, drei Chinesen, ein Russe, ein Litauer und ein Nepalese seien ermordet worden, teilte die Polizei mit.

Auch ein pakistanischer Helfer sei im Hochgebirge des Bezirks Diamir in der Region Gilgit-Baltistan getötet worden. Es ist der erste Angriff auf ausländische Bergsteiger in der Gegend.

Ein Chinese habe den Angriff überlebt, sagte Innenminister Chaudry Nisar Ali Khan, ohne weitere Details zu nennen. Zu dem Mordanschlag bekannten sich die Dachorganisation der pakistanischen Taliban (TTP). Taliban-Sprecher Ehsanullah Ehsan erklärte in einer Textnachricht an Journalisten, die TTP-Untergruppierung Jundullah Hafsa haben den Angriff ausgeführt. „Die Touristen wurden von den Taliban getötet.“

Ehsan nannte das Blutbad eine Racheaktion für die Tötung von Wali ur Rehman. Der TTP-Vizechef war Ende Mai bei einem Drohnenangriff in der Region Nord-Waziristan getötet worden. „Wir haben damit eine Nachricht an die internationale Gemeinschaft gesandt, dass die USA mit den Drohnenangriffen aufhören müssen.“

Die schiitenfeindliche Jundullah begründete den Anschlag anders: „Sie (die Ausländer) sind Ungläubige. Sie wollen dem Islam schaden, und wir werden sie angreifen, wo immer wir können“, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. In Gilgit-Baltistan kommt es oft zu Zusammenstößen zwischen sunnitischen Extremisten und der schiitischen Minderheit.

Innenminister Khan sagte, die Täter seien in Uniformen der paramilitärischen Grenztruppen kurz nach Mitternacht in das Basislager in der Region nahe der Grenze mit China eingedrungen. Nach Angaben von Veranstaltern der Expeditionen waren die Opfer in Zelten untergebracht und warteten auf den Aufstieg auf den neunthöchsten Berg der Welt. Die Leichen wurden in die Hauptstadt Islamabad überführt.

Die Veranstalter teilten mit, alle Expeditionen am Nanga Parbat würden abgebrochen. Die 51 Bergsteiger aus 18 Nationen, die derzeit auf dem Berg seien, seien zum Abstieg aufgefordert worden. Sie sollten voraussichtlich am Montag ausgeflogen werden. Pakistanische Sicherheitskräfte suchten nach den Angreifern. Ein Polizeisprecher sagte, Kräfte am Boden würden von Kampfhubschraubern unterstützt.

Premierminister Nawaz Sharif verurteilte den Anschlag. „Wir tun alles, um Pakistan sicher für Touristen zu machen“, erklärte Sharif. Die neu gewählte Regierung bezeichnet die US-Drohnenangriffe als kontraproduktiv und fordert ihr Ende.

Die Region Gilgit-Baltistan ist beliebt bei ausländischen Bergsteigern. Wie der pakistanische Alpinclub mitteilte, wurde Gilgit-Baltistan im Vorjahr von 90 Expeditionen besucht. Etwa 90 Prozent der Bergsteiger seien Europäer.

Das Auswärtige Amt hat für Pakistan eine „Teilreisewarnung“ erlassen. Darin wird vor Reisen in die Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, in die Stammesgebiete an der Grenze zu Afghanistan und in die Provinz Balochistan gewarnt. Zu Gilgit-Baltistan hieß es vor dem Anschlag, dort führten „latente Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten gelegentlich zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Westliche Ausländer sind bislang nicht Ziel der streitenden Gruppen.“