Beutekunst: Die Russen sehen sich als Sieger
Kanzlerin Angela Merkel beharrt auf der Rückgabe. Doch die Forderung verhallt ungehört.
St. Petersburg. Mit keiner Silbe erwähnen die russischen Medien, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in St. Petersburg eine Rückgabe der von Sowjetsoldaten gebrachten Beutekunst fordert. Zwar zeigt das Staatsfernsehen, wie sie durch die Bronzezeit-Schau in der weltberühmten Eremitage läuft — vorbei an 600 Kostbarkeiten, auf die Deutschland Anspruch erhebt. Aber die kremltreuen Reporter des Senders „Westi“ erwähnen die Ausstellung nur als Beispiel für die gute kulturelle Zusammenarbeit zwischen Berlin und Moskau.
Dass es einen Konflikt in dieser Frage zwischen Putin und Merkel gibt, erwähnen sie nicht. Die Kanzlerin hat gegen die vom Kreml gesteuerte Medienmaschinerie keine Chance; ihr Grußwort mit den Rückgabeforderungen bekommen russische Zuschauer oder Leser ebenso wenig mit wie die Pressekonferenz. Anders als sonst werden die Kommentare des Kremlchefs und der Kanzlerin nicht live übertragen.
So spielt auch der Lärm darum, dass Merkel den Besuch in der Eremitage erst absagte und dann doch wieder zusagte, nur am Rande eine Rolle. Offiziell räumt die russische Seite nur Terminprobleme ein. Dass es Streit um ein Grußwort der Kanzlerin gegeben haben soll, weisen Museumsleute und der Kreml kategorisch zurück. Von einer „Verschwörungstheorie“ spricht der mächtige Kulturfunktionär Michail Schwydkoj.
„Hier wollte uns die deutsche Seite wohl einen Gefallen tun und durch ungeprüfte Behauptungen und reichlich Lärm um die Schau noch zusätzlich Werbung machen für die ,Bronzezeit’“, sagte eine Eremitage-Sprecherin. Tatsächlich hielt sich das öffentliche Interesse an der einmaligen Schau, die 3000 Jahre alte Gefäße, Waffen und Schmuck zeigt, zunächst in Grenzen. Auch der berühmte Eberswalder Goldschatz und die Troja-Funde von Heinrich Schliemann sind zu sehen.
Jahrzehntelang lagerten die wertvollen Stücke in sowjetischen Depots, bevor Moskau überhaupt den Besitz einräumte und erstmals zeigte. Russland sieht die Schätze als Entschädigung für Kriegsverluste, bezahlt mit dem Blut sowjetischer Soldaten. Die Mitarbeiter der Eremitage berichten von einer gedrückten Stimmung während des Besuchs von Merkel.