Putin und Merkel knapp am Eklat vorbei
Nach Hin und Her haben Putin und Merkel gemeinsam die Beutekunst-Schau eröffnet.
St. Petersburg. In ihrem Streit um die von Sowjetsoldaten nach 1945 verschleppte Beutekunst kamen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Kremlchef Wladimir Putin nicht näher. Aber nach einigem Hin und Her eröffneten beide zumindest gemeinsam die große Bronzezeit-Ausstellung mit viel Beutekunst in der weltberühmten Eremitage.
Aus deutscher Sicht ist sie eine handfeste Sensation. Immerhin werden teils bisher noch nicht gezeigte Beutekunst-Schätze, die Deutschland wiederhaben will, bis zum 8. September ausgestellt.
Die Ausstellung gilt als Abschluss des Deutschlandjahres
Zwar machte Putin klar, dass er das Kapitel nicht öffnen wolle: Das heißt, dass die Kunstschätze in Russland bleiben. Er sei dafür, dass deutsche und russische Museumsexperten abseits der Politik sich wissenschaftlich mit den Kulturgütern befassen. Und so gilt die Ausstellung „Bronzezeit — Europa ohne Grenzen“ vor allem als krönender Abschluss des Deutschlandjahres.
Doch der Streit um die Kulturschätze, die Sowjetsoldaten nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland beschlagnahmten und verschleppten, bleibt. Das zeigt auch die Tatsache, dass sich das Museum von Anfang an jeden politischen Lärm verbat — und das Projekt fast wie ein Staatsgeheimnis hütete.
Die Beutekunst-Exponate machen den Großteil der Schau aus — insgesamt 600 der 1700 Gegenstände. Zu sehen in der Eremitage ist etwa der von Deutschland begehrte Goldschatz von Eberswalde.
Abseits politischer Emotionen wollen hier deutsche und russische Experten vor allem erstmals wieder eine geschlossene Sammlung zur Bronzezeit präsentieren. Dabei half ihnen, dass es um die Beutekunst zuletzt ruhiger geworden war. Trotzdem konnte wohl keiner erwarten, dass Merkel schweigt zu dem Reizthema.
Immerhin hatte die Sowjetunion zu DDR-Zeiten etwa an die Dresdner Gemäldegalerie in großem Stil wichtige Kunstschätze zurückgegeben. Beweglich zeigte sich Putin auch bei der Rückgabe der Fenster an die Frankfurter Marienkirche.
Doch die Verhandlungen über weitere Gegenstände kommen nicht voran. Merkel bekam nun hautnah mit, dass Russland die „verlagerten Kunstschätze“ als Entschädigung für Kriegsverluste sieht. St. Petersburg bereitet sich auf den 70. Jahrestag des Endes der Leningrader Blockade vor, mit der die Deutschen die Stadt einst auslöschen wollten.
Russlands Kulturminister Wladimir Medinski donnerte, dass die Kostbarkeiten mit dem „Blut unserer Soldaten bezahlt“ seien. Vieles davon lagert heute im Moskauer Puschkin-Kunstmuseum, deren 91 Jahre alte Direktorin, Irina Antonowa, die Linie vorgibt. „Eine Rückgabe wäre der Beginn einer Revolution in den Kunstsammlungen der ganzen Welt“, sagte die „Hüterin der Beutekunst“. Sie meint, dass internationale Museen voll seien mit Kunstschätzen aus Kriegen.
Sauer ist Russland nicht zuletzt auf die deutsche Sichtweise. Nach den Plünderungen der Nazis in der Sowjetunion würden immer noch viele Kunstschätze vermisst. Die Beute wird in deutschem Privatbesitz vermutet.