Polens katholische Jugend im Kulturkampf gegen Madonna

Ultrakonservative und religiöse Organisationen wollen Konzert der US-Sängerin in Warschau verhindern.

Warschau. Im engen schwarzen Lederrock erklimmt die Pop-Sängerin ein Kreuz auf der Bühne, räkelt sich davor und reibt sich daran. Ein anderes Mal stülpt sie sich eine Dornenkrone über ihr langes blondes Haar. Madonna spielt bei ihren Konzerten mit christlichen Symbolen. Und die 53-Jährige, die streng religiös erzogen wurde und später mit der Kirche brach, provoziert gern.

Im katholischen Polen trifft die US-Amerikanerin damit einen empfindlichen Nerv. Seit Tagen protestieren ultrakonservative und religiöse Organisationen gegen ein Madonna-Konzert, das für Mittwoch im Warschauer Nationalstadion geplant ist. Vor allem die katholische Studentenorganisation „Kreuzzug der Jugend“ macht gegen den Auftritt mobil. „Madonnas Werke sind ein Angriff auf den christlichen Glauben“, heißt es in einem Aufruf der Kreuzzügler.

Sie haben rund 35 000 Unterschriften gesammelt, um das Konzert zu verhindern. „Madonna propagiert Homosexualität und Pornografie. Sie küsst sich auf der Bühne mit anderen Frauen und zeigt widerwärtige Gesten und Körperhaltungen“, empören sich die jungen Katholiken.

In den Kulturkampf gegen den Star zieht auch die Gruppe „Solidarität 2010“. Die rechte Bewegung hatte sich ursprünglich auf das Gedenken an die Flugzeugkatastrophe von Smolensk im Jahr 2010 konzentriert, bei der Polens nationalkonservativer Präsident Lech Kaczynski starb.

Bei der Fußball-Europameisterschaft sorgten die Radikalen mit anti-russischer Hetze für Aufruhr. Nun schießen sie sich auf Madonna ein. Auf einem Plakat der Gruppe ist die Sängerin in lasziver Pose vor einem Schwarz-Weiß-Bild zu sehen. Es zeigt eine Szene des Warschauer Aufstandes aus dem Jahr 1944.

Das Plakat spielt auf das Datum des geplanten Konzerts an. Am 1. August erinnern die Polen an die Erhebung gegen die deutsche Besatzung vor 68 Jahren. „Das ist ein nationaler Feiertag. Wir ehren die Überlebenden und Gefallenen des Warschauer Aufstandes. Lassen wir es nicht zu, dass dieses Gedenken geschändet wird“, fordern auch die Kreuzzügler in ihrem Aufruf. Rund 15 000 Polen fielen den Kämpfen in der Hauptstadt 1944 zum Opfer.

Madonna und ihre Agentur versuchen, die erhitzten Gemüter zu beruhigen. Der Termin sei allein durch die Reiseroute bedingt, heißt es. Unter Vermittlung polnischer Behörden ging Madonna auch auf die noch lebenden Veteranen des Warschauer Aufstandes zu, die sich den Protesten zunächst anschließen wollten.

Nun zeigen die Veranstalter vor dem Konzert im Nationalstadion einen Kurzfilm über die Ereignisse des 1. August 1944. Ob der Kompromiss den Widerstand brechen kann, ist zweifelhaft.