Polizei befürchtet neue Krawalle in London
Notting Hill feiert Karneval — und 10 000 Polizisten sollen das Fest beschützen.
London. In der britischen Hauptstadt wächst die Sorge vor neuen Unruhen: Weil die Polizei fürchtet, dass Randalierer den Notting-Hill-Karneval am Wochenende kapern könnten, sichert sie das größte Straßenfest Europas mit über 10 000 Polizisten. Bei der Hochzeit der Royals im Mai waren es nur halb so viele.
Der Montag ist in Großbritannien ein Feiertag und die Aussicht super: Es soll sonnig sein — ideales Wetter für die karibischen Tänzerinnen, Kapellen und Karnevalswagen, die an jedem letzten Augustwochenende durch Notting Hill ziehen. Eine Million Zuschauer zählte das Spektakel 2010. Dieses Jahr soll es noch voller werden auf den Straßen des Stadtteils
Die Stadtverwaltung hatte nach den Unruhen vor zwei Wochen überlegt, den Karneval abzusagen. Nur aufgrund massiver Vorkehrungen hat sie eingelenkt. Musik, die „möglicherweise andere Bevölkerungsgruppen beleidigt“, darf nicht gespielt werden. Um 19 Uhr, drei Stunden früher als sonst, müssen die Umzüge beendet sein, so dass alle Zuschauer vor Einbruch der Dunkelheit das Viertel verlassen. Im Vorfeld hat die Polizei möglichen Randalierern Besuch abgestattet: Bei Razzien wurden 97 Gang-Mitglieder vorsorglich festgenommen.
Doch trotz Partybremse und riesigem Polizeiaufgebot rechnen Anwohner mit Zusammenstößen, die wie in Tottenham vor zwei Wochen eskalieren könnten. Rund um das Festival ereignen sich im Schnitt über 250 Straftaten; 2009 wurde ein 15-Jähriger am Rande des Karnevals erstochen. Viele Händler im Viertel wollen nach den Unruhen trotz der spendierfreudigen Besucher ihre Läden am Wochenende schließen. „Manche denken, dass wir wegen unserer großen Präsenz in Notting Hill keine Kapazitäten mehr für den Rest der Stadt haben“, warnt Polizei-Einsatzführer Bob Broadhurst indes die Möchtegern-Vandalen. „Das ist jedoch nicht der Fall.“
Karibische Einwanderer hatten das Spektakel 1964 als Kopie des berühmten Karneval von Trinidad ins Leben gerufen. Die Umzüge waren ein Zeichen gegen gewaltsame Tumulte, die Notting Hill erfasst hatten. 1976 kam es erneut zu Straßenschlachten zwischen Polizei und Gangs. Heute gehört es zu den schönsten und teuersten Vierteln in London; weltberühmt wurde es durch die Romanze „Notting Hill“ mit Julia Roberts und Hugh Grant.