Der britische Parlamentspräsident und seine (zu) offenherzige Gattin

Sally Bercow zeigte sich erst halbnackt im Regierungsviertel und zog nun in den Big-Brother-Container ein. Das Land ist geschockt.

London. Soziale Unruhen? Entscheidungsschlacht um Tripolis? Auch wichtig. Doch als größter Krisenherd der britischen Politik gilt derzeit die so redselige wie freizügige Sally Bercow: Die Gattin des Parlamentspräsidenten hat ihr Quartier in Westminster gegen den Big-Brother-Container getauscht. Doch darf eine Politiker-Gemahlin Trash-TV machen und damit ganz Westminster blamieren?

Das Königreich steht in dieser Frage Kopf. Es geht um Moral und Stil, und Sally Bercow hat sich vorgenommen, die Grenzen des Erlaubten neu zu ziehen: „Ich ziehe in den Container, um dem Establishment den Mittelfinger zu zeigen“, kündigte sie unmissverständlich an.

Seit Donnerstag arbeitet die selbstbewusste 41-Jährige tagtäglich vor fünf Millionen Fernsehzuschauern an diesem Projekt. „Mein Mann“, zwitscherte sie dort, „der zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht, wenn er die Spülmaschine ausräumt, mir einen Tee macht und den Boden wischt.“

Wäre Frau Bercow nicht mit Herrn Bercow verheiratet, dem ranghöchsten Parlamentarier des Landes, würde ein so offenherziger Einblick in die häusliche Rollenverteilung wohl kaum Schockwellen durch Westminster schicken. Doch noch nie in den 300 Jahren dieses prestigeträchtigen Amtes hat das Land seinen „Speaker“ so kompromittiert gesehen.

Im Februar hatte die Blondine bereits halbnackt vor dem Hintergrund des Parlaments posiert — ausgestattet nur mit einem Bettlaken und markigen Sprüchen darüber, wie das Amt ihres Mannes ihr Sexleben beflügelt hat. Schon diese Aktion kam überhaupt nicht gut an. Mit den neuen Indiskretionen sehen Sallys Gegner die Würde des Parlaments erst recht infrage gestellt.

Dummerweise hat Bercow, der einen Kopf kleiner ist als seine 1,83 Meter große, kapriziöse Frau, ohnehin einen schweren Stand. Der Konservative war nur mit Stimmen von Labour und gegen den Willen vieler in der eigenen Partei auf den Prestigeposten gerutscht. Dort wird er mittlerweile von beiden Lagern angefeindet.