Polizei vereitelt Proteste in China
Peking (dpa) - Mit allen Mitteln will Pekings Führung verhindern, dass der Funke der Unruhen in der arabischen Welt nach China überspringt. Zehntausende Polizisten waren am Wochenende im Einsatz. Ausländische Journalisten wurden festgenommen.
Außenminister Westerwelle übte Kritik.
Ein massiver Einsatz von Sicherheitskräften hat in China mögliche Proteste nach arabischem Vorbild im Keim erstickt. Zehntausende Polizisten waren am Wochenende in Peking und zwei Dutzend anderen Städten mobilisiert. Die Hauptstadt erlebte die größte Polizeiaktion seit den Olympischen Spielen 2008. Mehr als ein Dutzend ausländischer Journalisten wurden festgenommen, darunter auch deutsche Korrespondenten. Außenminister Guido Westerwelle bedauerte die Festnahmen und zeigte sich „sehr beunruhigt“. Die Bundesregierung werde der chinesische Seite ihre Sorge übermitteln.
Wie viele Menschen dem Protestaufruf im Internet zu sonntäglichen „Spaziergängen“ und zivilem Ungehorsam gefolgt sind, war unklar. In dem Heer von Polizisten in Uniform und Zivil sowie Staatssicherheit konnten Augenzeugen in Peking und Shanghai Demonstranten nicht von Zuschauern oder Passanten unterscheiden. In der Hafenmetropole widersetzten sich Menschen den wiederholten Aufrufen der Polizei, eine Straße am Volksplatz zu verlassen. „Sie wollten sich nicht bewegen“, sagte ein europäischer Journalist. Die Polizei brauchte eine Stunde. Es gab mindestens drei Festnahmen.
Ohne auf die Protestaufrufe einzugehen, räumte Regierungschef Wen Jiabao am Wochenende soziale Spannungen ein und versprach, stärker gegen Inflation, die hohen Preise am Wohnungsmarkt und soziale Ungerechtigkeiten einzugehen. In einer Online-Diskussionen im Vorfeld der Samstag beginnenden Jahrestagung des Volkskongresses in Peking sicherte Wen Jiabao auch eine gerechtere Einkommensverteilung und Investitionen ins Sozialsystem. Er zeigte sich besorgt über die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, die die Stabilität bedrohe.
Aus Angst vor Protesten hatten Sicherheitskräfte die beliebte Einkaufsmeile Wangfujing in Peking zeitweise abgeriegelt, wo ein anonymer Aufruf im Internet zu Protesten aufgefordert hatte. Die Polizei griff ausländische Korrespondenten, Kameraleute und Fotografen auf. Unter ihnen war ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa. Er wurde eine halbe Stunde festgehalten und musste dann das Gebiet verlassen. Den Journalisten wurde meist erklärt, dass sie ohne Erlaubnis nicht aus der Haupteinkaufsstraße berichten dürften. Die Sicherheitskräfte gingen teilweise auch gewaltsam vor. Nach unbestätigten Berichten wurde ein taiwanesischer Fotograf verletzt.
Der ZDF-Korrespondent Johannes Hano sowie die ARD-Korrespondentin Christine Adelhardt und ihre Mitarbeiter wurden sechs beziehungsweise fünf Stunden festgehalten. „Uns wurde gesagt, es gebe neue Vorschriften, dass an bestimmten Orten nicht ohne Genehmigung gedreht werden dürfe“, sagte Adelhardt der Nachrichtenagentur dpa. Zwar waren ausländische Korrespondenten am Freitag mit Blick auf die Proteste noch ausdrücklich aufgefordert worden, sich an chinesische Gesetze zu halten, doch waren keine neuen Vorschriften genannt worden. Auch andere ausländische Journalisten kamen nach Verhören und Belehrungen am Abend wieder auf freien Fuß.
In Peking und Shanghai wurden auch Reinigungsfahrzeuge eingesetzt, die Wasser auf die Straße spritzten. Polizei und Sicherheitsleute schoben die üblichen Menschenmassen für diese „Säuberungsaktion“ weg. Auch aus der südchinesischen Metropole Guangzhou wurde eine massive Polizeiaktion berichtet. In Peking liefen viele Polizisten mit Kameras herum und filmten die Menschen. Passanten mit Kameras wurden gestoppt. Ihre Pässe wurden überprüft.