Pragmatiker soll Tunesiens neuer Regierungschef werden

Tunis/Paris (dpa) - Ein Pragmatiker soll die Regierungskrise in Tunesien beenden. Die Islamisten wollen Innenminister Ali Larayedh zum Premier machen. Er ist auf eine Koalition angewiesen.

Larayedh soll das nordafrikanische Land als neuer Regierungschef aus der Krise führen. Die islamistische Regierungspartei Ennahda will den 57-Jährigen nach eigenen Angaben als Nachfolger des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Hamadi Jebali. Staatspräsident Moncef Marzouki sollte am Freitag über den Kandidaten informiert werden. Er müsste ihm dann den Auftrag zur Bildung einer Koalitionsregierung erteilen.

Larayedh gilt unter den Ennahda-Kandidaten als pragmatischer Politiker. Die islamistische Partei führt seit ihrem Wahlsieg im Herbst 2011 die Übergangsregierung im Ursprungsland des Arabischen Frühlings. Mit dem Aufstand endete die Macht von Langzeitpräsident Zine el Abidine Ben Ali.

Die islamistische Partei mit ideologischen Wurzeln in der ägyptischen Muslimbruderschaft war klar stärkste Kraft in der verfassungsgebenden Versammlung geworden, verfehlte jedoch eine Mehrheit der Sitze. Linke und liberale Parteien, die rein rechnerisch auf eine Mehrheit gekommen wären, hatten sich nicht zur Bildung einer schlagkräftigen Koalition durchringen können.

Beteiligt an der von den Islamisten geführten bisherigen Übergangsregierung ist neben der Mitte-Links-Partei CPR um Staatspräsident Marzouki auch die sozialdemokratische Partei Ettakatol von Mustapha Ben Jaâfar. Er leitet die verfassunggebende Versammlung, in der die Grundlagen für ein demokratisches Tunesien erarbeitet werden.

Der als islamisch-gemäßigt geltende Jebali war am Dienstagabend als Regierungschef zurückgetreten. Er war mit seiner Forderung gescheitert, eine Regierung nur aus Experten zu bilden. Dagegen hatte sich vor allem seine eigene Partei, die Ennahda, stark gemacht.

Mit dem Plan für eine Kabinettsumbildung hatte Jebali auf die Ermordung des Oppositionspolitikers Chokri Belaïd vor gut zwei Wochen reagiert. Der Jurist galt als einer der schärfsten Ennahda-Kritiker. Nach der Bluttat hatte es in Tunesien Massenproteste von Regierungsgegnern gegeben.