Protest bei Israels Botschaftern wegen Siedlungsplänen
Jerusalem/Paris/London/Berlin (dpa) - Israel bekommt wegen neuer Siedlungspläne Druck aus Europa und den USA: Die israelischen Botschafter in mehreren Hauptstädten - darunter London, Paris, Madrid und Kopenhagen - wurden aus Protest gegen die umstrittenen Baupläne einbestellt.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte Israels Baupläne ungewöhnlich scharf. Deutschland verzichtete jedoch darauf, den israelischen Botschafter einzubestellen. Nach Angaben des Auswärtigen Amts wird daran oder an „ähnliche diplomatische Maßnahmen“ auch nicht gedacht.
Die USA riefen Israel zur Zurückhaltung auf. Die US-Regierung habe wiederholt und hinreichend klar gemacht, dass sie derartige Aktivitäten ablehne, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, am Montag in Washington. „Wir lehnen alle einseitigen Schritte ab.“ Sie machten Bemühungen um die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern komplizierter.
Zu Angaben der israelischen Zeitung „Haaretz“, Großbritannien und Frankreich könnten in einem nie dagewesenen Schritt sogar ihre Botschafter aus Israel abziehen, sagte ein Sprecher des Jerusalemer Außenministeriums am Montag: „Dies ist uns in keiner Form mitgeteilt worden, aber es hat Proteste gegeben.“
Die israelische Regierung hatte nach der Anerkennung Palästinas als UN-Beobachterstaat Pläne zum Bau weiterer 3000 Wohneinheiten in Ost-Jerusalem und im Westjordanland angekündigt. Auch in einem Gebiet zwischen Ost-Jerusalem und der Siedlung Maale Admumim namens E1 solle gebaut werden. Die Palästinenser befürchten, dies könne Pläne für eine Zwei-Staaten-Lösung in Nahost zunichtemachen. Eine israelische Besiedlung von E1 würde das Westjordanland faktisch in Norden und Süden aufteilen und einen Ausbau Ost-Jerusalems als künftige Hauptstadt der Palästinenser unmöglich machen, warnen sie.
Merkel forderte Israel zum Verzicht auf das Projekt auf. Die Bundesregierung sei über die Pläne „äußerst besorgt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Israel untergrabe damit das „Vertrauen in seine Verhandlungsbereitschaft“ im Nahost-Friedensprozess, weshalb es von der Ausschreibung absehen solle. Außerdem würde der Raum für einen Palästinenserstaat, den auch Deutschland wolle, damit immer kleiner.
Der Siedlungsbau wird auch Thema der deutsch-israelischen Regierungskonsultationen sein, zu denen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwochabend im Kanzleramt erwartet wird. Seibert sagte, man freue sich auf „offene Gespräche unter Freunden“. Zugleich appellierte Berlin an Israelis und Palästinenser, sich „konstruktiv“ zu verhalten, um die Wiederaufnahme direkter Friedensgespräche nicht zu verbauen.
Israel will ungeachtet der Kritik hart bleiben. Ein Regierungsvertreter betonte am Montag, die Entscheidung zum Bau der Siedlungen werde nicht geändert.
Auch aus Großbritannien gab es scharfen Protest gegen die Pläne Israels. „Wir verurteilen die kürzlich von Israel getroffene Entscheidung, 3000 neue Wohnungen zu bauen“, hieß es in einer Erklärung des Londoner Außenministeriums am Montag. „Dies bedroht die Realisierbarkeit einer Zwei-Staaten-Lösung.“ Israels Botschafter in London, Daniel Taub, solle den Schritt dem britischen Außen-Staatssekretär Alistair Burt erklären. Burt wollte in dem Gespräch die „Tiefe der Bedenken“ Großbritanniens deutlich machen.
Das französische Außenministerium teilte mit, bei dem Gespräch mit dem israelischen Botschafter in Paris sei „Frankreichs sehr tiefe Sorge“ über die israelischen Baupläne zum Ausdruck gebracht worden. Auch der Botschafter in Stockholm wurde einberufen. Der schwedische Außenminister Carl Bildt nannte Israels Siedlungspläne im Parlament „extrem beunruhigend“. Das dänische Außenministerium begründete die Einbestellung des Botschafters mit Bedenken wegen der Siedlungspläne.
Der niederländische Außenminister Frans Timmermans brachte am Montag in Den Haag in einem Gespräch mit dem Botschafter Israels seine Besorgnis über den geplanten Siedlungsbau zum Ausdruck. Der Botschafter wurde allerdings nicht einbestellt. Es sei um ein bereits zuvor geplantes Treffen gegangen, teilte das Außenministerium mit. Die Niederlande riefen Israel auf, auf den Siedlungsbau zu verzichten. Das gefährde eine mögliche Zwei-Staatenlösung.
Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte am Montag in Brüssel, sie könne kein abgestimmtes Vorgehen innerhalb der EU bestätigen. „Derzeit werden die Konsultationen über unsere nächsten Schritte fortgesetzt“, sagte sie. Über das weitere Vorgehen der EU im Nahost-Konflikt sollen die EU-Außenminister am 10. Dezember in Brüssel beraten.