Proteste gegen Sparmaßnahmen in Italien und Spanien

Rom/Madrid (dpa) - Zehntausende sind am Dienstag in ganz Italien gegen die von der Regierung Silvio Berlusconi geplanten Sparmaßnahmen auf die Straße gegangen. Die größte Gewerkschaft CGIL hatte zu einem achtstündigen Generalstreik aufgerufen mit Protestkundgebungen in mehr als 100 Städten.

Chaos im Bus- und Bahnverkehr war die Folge. Auch in zahlreichen Städten Spaniens, das wie Italien gegen den Sog der europäischen Schuldenkrise ankämpft, demonstrierten am Abend Tausende gegen die Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung ihres Landes. Zu den Protesten hatten die großen Gewerkschaftsverbände UGT und CCOO aufgerufen, weil sie Einschnitte in der Sozialpolitik befürchten. Die Gewerkschaften bezifferten die Zahl der Demonstranten in Madrid und Barcelona auf jeweils über 20 000, in Medienberichte wurde die Zahl auf je 5000 geschätzt.

Der Streik in Italien richtete sich gegen das zweite milliardenschwere Sparpaket der Regierung Berlusconi. Um das Land aus dem Schuldensumpf zu ziehen und unter dem Druck der Märkte hatte das Mitte-Rechts-Kabinett - nach den ersten im Juli verabschiedeten Einsparungen über 48 Milliarden Euro - Mitte August dieses zweite Paket über 45 Milliarden Euro auf den Weg gebracht.

„Unser Motto ist einfach: Mögen die mehr zahlen, die mehr haben und noch nie gezahlt haben“, erklärte die Chefin der CGIL, Susanna Camusso, bei der zentralen Kundgebung im Schatten des Kolosseums in Rom. Das Sparpaket sei ungerecht. Demonstranten machten ein großes Spruchband an dem bekannten Wahrzeichen der Ewigen Stadt fest: „Die Reichen werden beschützt, und Italien wird verramscht.“

Während noch gestreikt wurde, baute Berlusconis Kabinett das vor der parlamentarischen Beratung stehende Sparpaket ein zweites Mal drastisch um. Jetzt soll die Mehrwertsteuer erhöht und doch eine „Reichen-Steuer“ für Jahreseinkommen von mehr als 500 000 Euro eingeführt werden. Das Spardekret will Berlusconi mit einem Vertrauensvotum beschleunigt durch das Parlament boxen.

Der „Blut- und Tränenplan“ war vor rund einer Woche erst verändert und dabei aufgeweicht worden, wobei zum Zorn der Gewerkschaften eine geplante Zusatzsteuer für Besserverdienende („Reichen-Steuer“) mit Jahreseinkommen von mehr als 90 000 Euro wieder wegfiel. Besonders kritisiert wird eine geplante Lockerung des Arbeitnehmerschutzes.

In Rom blieben neben zahlreichen öffentlichen Einrichtungen vom Kindergarten bis zum Operationssaal auch das Kolosseum, das Forum Romanum und viele Museen geschlossen. Medienberichten zufolge fielen allein auf den römischen Flughäfen Fiumicino und Ciampino 129 Flüge aus. Die Billigfluglinie Ryanair habe schon vorab 200 Flüge aus und nach Italien gestrichen, hieß es. Protestkundgebungen gab es auch in Mailand, Florenz, Genua, Bologna, Cagliari, Neapel und Palermo.

Noch am Dienstag wollte der Senat in Rom mit Beratungen des zweiten Sparpakets beginnen. Die Polizei hatte die Gegend rund um den Senat abgeriegelt, um ein Eindringen von Demonstranten zu verhindern. Nach Medienberichten kam es zu kleineren Scharmützeln, bei denen die Beamten mit Eiern beworfen wurden. Sobald das Sparpaket den Senat passiert hat, wird es im Abgeordnetenhaus behandelt. Die Regierung hofft, die Maßnahmen bis Ende der Woche definitiv zu verabschieden.

In Spanien soll die Verfassungsreform an diesem Mittwoch vom Oberhaus des Parlaments verabschiedet werden. Das Unterhaus hatte bereits in der vergangenen Woche die Schuldenbremse mit den Stimmen der regierenden Sozialisten und der Konservativen gebilligt. Spanien ist damit eines der ersten Länder der Euro-Zone, das dem Beispiel Deutschlands folgt.