Eskalation in Spanien Rajoy bereitet Zwangsmaßnahmen gegen Separatisten vor

Barcelona/Madrid (dpa) - Spanien will mit Zwangsmaßnahmen die Pläne der Katalanen für einen eigenen Staat stoppen. Regierungschef Mariano Rajoy reagierte damit auf die Weigerung der politischen Führung in Barcelona, sein Ultimatum zu erfüllen und das Streben nach Unabhängigkeit zu beenden.

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Wenige Minuten vor dem Ende des Ultimatums um 10 Uhr machte der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont in einem Schreiben an Ministerpräsident Mariano Rajoy deutlich, dass er nicht auf die Forderung eingeht: „Wenn die Staatsregierung weiterhin den Dialog verhindert und die Repression fortsetzt, kann das katalanische Parlament die formelle Unabhängigkeitserklärung beschließen, wenn es dies für angemessen hält.“

Als Beispiel für „Repression“ nannte er die Inhaftierung von zwei führenden Aktivisten der separatistischen Bewegung, Jordi Sànchez und Jordi Ciuxart, unter dem Vorwurf des „aufrührerischen Verhaltens“.

Unmittelbar danach kündigte die Zentralregierung an, sie werde mit Zwangsmaßnahmen gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen vorgehen. „Die Regierung Spaniens hat heute Morgen die Weigerung des Präsidenten der Generalität von Katalonien zur Kenntnis genommen, die ihm am 11. Oktober übermittelte Forderung zu erfüllen“, heißt es in der nüchternen Mitteilung.

Deshalb werde man die im Verfassungsartikel 155 vorgesehenen Schritte einleiten, um in Katalonien die Rechtmäßigkeit wiederherzustellen. Für Samstag wurde ein Treffen des Ministerrats einberaumt. Dabei soll dann über konkrete Maßnahmen beraten werden.

Dabei wird es möglicherweise zunächst darum gehen, Schaltstellen in Polizei und Verwaltung mit loyalen Beamten zu besetzen, um dann vorgezogene Neuwahlen zu organisieren. Die Maßnahmen müssen vom Senat, der zweiten Kammer des Parlaments gebilligt worden, wo Rajoys konservative Volkspartei (PP) die Mehrheit hat.

Die Regierung findet aber auch Rückhalt bei anderen Parteien. „Die Intervention wird begrenzt und kurzfristig sein und immer die Perspektive verfolgen, die demokratische Normalität wiederherzustellen“, sagte der Generalsekretär der sozialdemokratischen PSOE, José Luis Ábalos. Der Chef der liberalen Partei Ciudadanos, Albert Rivera, sagte, ein Rechtsstaat könne sich nicht erpressen lassen.

Senatspräsident Pío García Escudero will bald nach den Beschlüssen im Kabinett das Präsidium der Parlamentskammer einberufen, um die Plenarsitzung für die Abstimmung über das Maßnahmenpaket vorzubereiten. Die Verfassung erlaubt es der Zentralregierung, „die notwendigen Mittel zu ergreifen“, um eine autonome Region zur Erfüllung ihrer rechtlichen Pflichten zu zwingen. Sie könnte auch Puigdemont absetzen und die katalanische Regierung auflösen. Es ist das erste Mal seit Inkrafttreten der Verfassung von 1978, dass diese Regelung verwendet wird.

Puigdemonts Parteibündnis JxSí und die den Regierungschef stützende Linkspartei CUP haben angekündigt, dass sie die Anwendung des Artikels 155 zum Anlass nehmen wollen, die Unabhängigkeit zu erklären. Für das Wochenende sind Demonstrationen in Barcelona geplant. Die Organisation Òmnium Cultural rief außerdem zu direkten und friedlichen Aktionen auf.

Weitgehend vergeblich haben sich die Katalanen bislang um Unterstützung aus dem Ausland bemüht. Der Präsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani, warnte die Regionalregierung vor weiteren Bestrebungen zur Trennung von Spanien. „Es wäre gut, wenn die katalanische Regierung die Unabhängigkeit nicht ausrufen würde, weil niemand dafür sein wird“, sagte der italienische Politiker bei einem Besuch in der spanischen Stadt Oviedo. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt Rajoy, wie sie vor dem EU-Gipfel in Brüssel bekräftigte.

Der Konflikt zwischen Madrid und Barcelona spitzt sich schon seit Wochen zu. Die katalanische Regierung setzte sich über ein Verbot des Verfassungsgerichts hinweg und organisierte am 1. Oktober ein Referendum über die Unabhängigkeit. Dabei kam es zu einem massiven Polizeieinsatz gegen Teilnehmer der Abstimmung. Bei einer Beteiligung von 42,3 Prozent stimmten 90,1 Prozent für eine Loslösung von Spanien.