Regierung in Hongkong sagt Dialog mit Studenten ab

Hongkong (dpa) - Nach der überraschenden Absage der Gespräche mit den Studenten durch die Regierung in Hongkong droht ein Wiederaufflammen der Demonstrationen. Eigentlich hatten beide Seiten am Freitag erstmals an einem Tisch nach Auswegen aus der größten politischen Krise in Hongkong suchen wollen.

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Doch sagte Verwaltungschefin Carrie Lam den Dialog kurzerhand wieder ab, nachdem die Studenten zu Demonstrationen am Freitag aufgerufen hatten, um Druck auf die Verhandlungen auszuüben.

Die seit zwei Wochen anhaltenden Proteste prodemokratischer Demonstranten in Hongkong überschatten die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen, zu denen Kanzlerin Angela Merkel den chinesischen Regierungschef Li Keqiang in Berlin erwartet.

Im Vorfeld gab es bereits Irritationen über den Aufruf der Kanzlerin an die Sicherheitskräfte in Hongkong, sich besonnen zu verhalten. China verbittet sich jede „Einmischung“ in innere Angelegenheiten.

Bei ihrer Absage forderte Verwaltungschefin Lam, die Nummer Zwei in Hongkong, ein sofortiges Ende der „illegalen Blockaden“ wichtiger Straßen. Sie übte scharfe Kritik daran, dass die Studenten unverändert eine Abschaffung der Wahlreform forderten, die Chinas Volkskongress beschlossen hatte. Dabei könnten sich die Gespräche nur im Rahmen dieser Beschlüsse bewegen, sagte Lam und verwies auf den nur begrenzten Spielraum, den die frühere britische Kronkolonie seit der Rückgabe 1997 an China hat.

Die Pläne Pekings für die erste direkte Wahl 2017 in Hongkong hatten Proteste entzündet, da den Wählern dabei eine freie Nominierung der Kandidaten verweigert wird. Seit der Rückgabe der Kronkolonie an China wird Hongkong als eigenes Territorium mit „einem hohen Maß an Autonomie“, aber unter chinesischer Souveränität regiert.

Die Studenten reagierten enttäuscht auf die einseitige Absage der Gespräche. „Wir sind weiter jederzeit offen für Dialog“, sagte Studentenführer Alex Chow. Doch müsse die Regierung Ernsthaftigkeit zeigen. Sein Vize Lester Shum sagte, die Studenten hätten das Gespräch gesucht, um die Krise und die politischen Probleme zu lösen, aber die Regierung wolle sich nicht dem Volk stellen. Die Studenten warnten Demonstranten, die die Proteste fortsetzen wollten, dass sie sich auf ein mögliches Eingreifen der Polizei einstellen müssten.

Nach der Einigung auf die Gespräche hatte sich die Zahl der Demonstranten von zeitweise Zehntausende auf zuletzt nur noch wenige Hundert reduziert. Sie blockierten aber weiter wichtige Verkehrsadern in Admiralty auf der Insel Hongkong und im belebten Geschäftsviertel Mong Kok. Am Donnerstag kam es wieder zu Verkehrsstaus. Viele Hongkonger nahmen lieber die U-Bahn, die weiterhin überfüllt war

Rund 40 Prozent der Buslinien waren betroffen. 22 Strecken waren ausgesetzt, weitere 227 umgeleitet, wie die Behörden berichteten. Auch Kindergärten in betroffenen Vierteln hatten erstmals wieder geöffnet, doch gab es Verspätungen bis zu 50 Minuten.