Ringen um US-Haushalt immer dramatischer
Washington (dpa) - In einem dramatischen Wettlauf mit der Zeit haben Demokraten und Republikaner am Donnerstag um einen Kompromiss im US-Haushaltsstreit gerungen.
Können sich die Parteien bis Freitag um Mitternacht nicht wenigstens auf eine vorübergehende Weiterfinanzierung der Staatsgeschäfte einigen, sitzt die Regierung ab Samstag finanziell auf dem Trockenen. Damit droht der öffentlichen Verwaltung ein weitgehender Stillstand - mit Folgen bis hin nach Deutschland.
US-Präsident Barack Obama wollte am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) ein weiteres Mal mit den führenden Vertretern beider Parteien zusammenkommen, nachdem ein Spitzentreffen im Weißen Haus in der Nacht zuvor keinen Durchbruch gebracht hatte. So liefen denn auch in Washington und der gesamten Nation die Vorbereitungen auf einen weitgehenden „Shutdown“ der Regierungsgeschäfte auf Hochtouren.
Vermutlich müssten Hunderttausende Beamte und Angestellte zu Hause bleiben. Die Folgen wären auch im Ausland zu spüren: Das Außenministerium würde keine Pässe mehr ausstellen, US-Botschaften in aller Welt - auch in Deutschland - könnten keine Visa erteilen. Vom Bund betriebene Museen und Parks in den USA blieben zu Beginn der Tourismussaison geschlossen, Kriegsveteranen müssten auf ihre Rentenschecks und Unternehmen auf Genehmigungen warten. Die Müllabfuhr würde nicht nur in Washington ausfallen, der öffentliche Verkehr wäre eingeschränkt.
Obama hatte sich in den vergangenen Tagen verstärkt eingeschaltet, um den ersten derartigen Stillstand seit 15 Jahren abzuwenden. So hatte sich der US-Präsident bereits am Dienstag mit den Führern der Republikaner und Demokraten im Kongress zusammengesetzt, und am späten Mittwochabend (Ortszeit) traf er sie erneut. Anschließend sprach Obama von einer „produktiven“ Begegnung und äußerte sich „überzeugt, dass wir eine Vereinbarung erzielen können“.
Auch der republikanische Präsident des Abgeordnetenhauses, John Boehner, und der Chef der demokratischen Mehrheitsfraktion, Harry Reid, sagten, es habe Fortschritte gegeben.
Die Parteien streiten über Einsparungen im Etat für 2011, den der Kongress daher bis jetzt noch nicht offiziell verabschiedet hat - obwohl das Haushaltsjahr 2011 bereits am 1. Oktober vergangenen Jahres begonnen hat. Die Republikaner wollen nach Medienberichten vom Donnerstag Kürzungen um 40 Milliarden Dollar, die Demokraten hatten zuletzt die Summe von 33 Milliarden angeboten. Bisher sicherte eine wiederholte kurzfristige Verlängerung der Ausgabenpläne auf der Basis des Vorjahresetats, dass die Regierung flüssig bleibt.
Eine derartige neue befristete Weiterfinanzierung galt am Donnerstag als der vermutlich einzige mögliche Schritt, den Stillstand noch rechtzeitig abzuwenden. Selbst im Fall einer grundsätzlichen Einigung über die Einsparungen wäre es äußerst unwahrscheinlich, dass der Etat noch rechtzeitig vor Ablaufen der Frist beide Häuser des Kongresses passieren würde, erläuterten Experten.
Die Republikaner im Abgeordnetenhaus wollten am Donnerstag über eine neue kurzfristige Verlängerung der Ausgabenpläne abstimmen lassen. Ihr Vorstoß war aber mit so drastischen Sparforderungen verknüpft, dass eine Zustimmung des demokratisch beherrschten Senats als ausgeschlossen galt.
In dem Streit geht es neben der Höhe von Einsparungen auch um die Ideologie: So wollen die Republikaner im Zuge eines Etatkompromisses beispielsweise sicherstellen, dass keine Abtreibungen mit öffentlichen Geldern finanziert werden.