Dekokraten siegen in Alabama Trumps hausgemachte Schlappe in der Republikaner-Hochburg
Washington (dpa) - Es ist die wohl größte Schlappe für US-Präsident Donald Trump in seiner bisherigen Amtszeit: Sein Mann für den Senat, der hochumstrittene Ex-Richter Roy Moore, hat für die US-Republikaner eine ihrer Festungen hergegeben.
Unterstützt vom Präsidenten höchst selbst und von dessen inzwischen extern wirkendem Scharfmacher Steve Bannon, hatte Moore in der vermeintlich sicheren Konservativen-Hochburg Alabama versucht, ein Exempel zu statuieren: Moore wollte die gegnerischen Demokraten nur nebenbei schlagen, hauptsächlich aber das Partei-Establishment um Senats-Fraktionschef Mitch McConnell mit einer erfolgreichen Kandidatur schwächen.
Das ging so schief für die Republikaner, wie es nur schiefgehen konnte. Das Referendum über den Trumpschen Politikansatz ging verloren, dazu noch ein eigentlich nicht zu verlierender Senatssitz. Fast noch schlimmer dürfte für den Machtmenschen Trump das Kleingedruckte der Meinungsforscher wiegen.
In Nachwahlbefragungen fanden sie bei den Wählern von Alabama unabhängig von der eigentlichen Abstimmung heraus, dass Trumps Zustimmungswerte in dem Bundesstaat bei gerade einmal noch 48 Prozent liegen - verheerend für Trump. Vor einem Jahr hatte er den Bundesstaat noch mit fliegenden Fahnen und 62 Prozent der Stimmen geholt. Trumps unverrückbare Anhängerschaft scheint zumindest in einigen Regionen kleiner zu sein, als die Scharen von Claqueuren bei seinen öffentlichen Auftritten vermuten lassen.
Nach der krachenden Niederlage entbrannte der Richtungsstreit bei den Republikanern neu. Einige Konservative gingen zu offenen Attacken auf Steve Bannon über. Der ehemalige Wahlkampfchef und Regierungsberater Trumps feilt inzwischen außerhalb des Weißen Hauses an einer rechtsgerichteten Anti-Establishment-Bewegung und hatte sich für Moore eingesetzt.
Der Republikaner Josh Holmes, ein Vertrauter von Senats-Fraktionschef McConnell, nannte das Ergebnis für seine Partei in Alabama eine „nationale Schande“. Bannon habe gezeigt, wie man selbst den „rotesten der roten Staaten“ verlieren könne. Rot ist die Farbe der Konservativen.
Der Kongressabgeordnete Peter King erklärte, die Republikaner müssten nun das Richtige tun und Bannon loswerden. „Seine Darbietung ist ermüdend, dümmlich und moralisch leer. Wenn wir Amerika wieder für alle Amerikaner groß machen wollen, muss Bannon gehen! Und zwar JETZT!“, schrieb King auf Twitter.
Trump selbst zeigte sich nach der Wahl zunächst als ungewohnt fairer Verlierer und gratulierte Doug Jones zu dessen „harterkämpftem Sieg“. Der Präsident machte auch abtrünnige Wähler für die Niederlage verantwortlich, die lieber einen chancenlosen Außenseiter wählten, als den von Trump unterstützten Moore. Das ist nicht falsch, aber nur die halbe Wahrheit. Vor allem hatte die vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung von Afro-Amerikanern Doug Jones in die Pole Position befördert.
Am Morgen nach der Wahl legte Trump aber nach und war bemüht, das Ergebnis als persönliche Niederlage Moores herunterzuspielen. Er selbst habe im parteiinternen Vorwahlkampf Moores Gegenkandidaten Luther Strange unterstützt, weil er der Meinung gewesen sei, dass Moore die allgemeine Wahl nicht gewinnen könne, schrieb Trump auf Twitter. „Ich lag richtig! Roy hat hart gearbeitet, aber er hatte schlechte Karten.“
Trump hatte Moore auf den letzten Metern des Wahlkampfes tatkräftig unterstützt. Er vermied es dabei allerdings, in den Bundesstaat zu reisen.
Moore, der zweimal vom höchsten Gericht Alabamas gefeuert wurde und mit eigenwilligen Vorstellungen zu Themen wie der Ehe für Alle auffiel, war selbst in der erzkonservativen Provinz Alabamas nicht zu vermitteln. Zumal im Wahlkampffinale Vorwürfe sexueller Übergriffe in der Vergangenheit die Fragezeichen hinter seinem Namen noch vermehrten.
Am Dienstagmorgen war der einstige Kickboxer Moore noch als Cowboy hoch zu Ross zur Wahlurne geritten. Am Abend trat er dann vor seine verbliebenen Anhänger und übte sich in Durchhalteparolen. „Es ist nicht vorbei“, sagte er. Daraus sprach mehr Verzweiflung als die Hoffnung, über eine Nachzählung vielleicht doch noch zum Ziel zu kommen.
Am ehesten ist Moores Trotz ein Versuch, den Start seines Kontrahenten Jones im US-Senat so lange wie möglich hinauszuzögern. Denn die republikanische Mehrheit in der zweiten und entscheidenden Parlamentskammer ist mit der Niederlage in Alabama auf nur noch einen einzigen Sitz geschmolzen. Für die bevorstehende Abstimmung über die Steuerreform - Trumps größtes und in seinem ersten Amtsjahr einzig nennenswertes Gesetzesvorhaben - ist jede blockierte Gegenstimme Gold wert für den Präsidenten. Trump will das Paket unbedingt noch vor Weihnachten unterschreiben, Jones könnte unter Ausnutzung des Wahlgesetzes bis zum 3. Januar auf die Folter gespannt werden.
Entscheidender ist der Sieg der Demokraten in Alabama auf längere Sicht. Die Opposition hatte nach ihrer vernichtenden Niederlage von 2016 und angesichts schwieriger Konstellationen nicht im Traum gehofft, 2018 eine Senatsmehrheit in Reichweite zu haben. Mit Alabama muss auch diese Rechnung neu aufgemacht werden.
Allerdings interpretieren einige Politikforscher das Ergebnis aus dem Südstaat auch andersherum: Mit Roy Moores Niederlage ist eine politische Zeitbombe für die Republikaner unschädlich gemacht. Im Senat hätte der Tunichtgut der Partei wohl nur geschadet.