Kompromisslinien Was geht bei Union und SPD - und was nicht?
Berlin (dpa) - Die SPD stellt sich auf Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung ein - ergebnisoffen. Was könnte inhaltlich bei beiden Seiten gehen und was nicht?
BÜRGERVERSICHERUNG: Die SPD will Privatversicherten die Wahl eröffnen, in eine gesetzliche Bürgerversicherung zu wechseln, und somit auf lange Sicht der Privaten Krankenversicherung das Wasser abgraben. Die Union ist grundsätzlich gegen eine „Zwangsvereinigung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung“. Seehofer sendete jetzt aber erste Signale möglichen Entgegenkommens. Konfliktpotenzial trotzdem hoch.
KRANKENKASSENBEITRÄGE: Arbeitgeber und -nehmer sollen nach SPD-Vorstellungen künftig wieder zu gleichen Teilen (paritätisch) für die Krankenkassenbeiträge aufkommen. Heute zahlen die Arbeitnehmer über die Zusatzbeiträge mehr. Dass die Zusatzbeiträge gedeckelt werden könnten, hört man inzwischen auch aus der Union. Konfliktpotenzial vorhanden.
RENTENREFORM: Die SPD hat das Ziel, das Rentenniveau zu sichern und perspektivisch anzuheben. Ein Langfristkonzept sieht bis 2045 Haltelinien für Rentenniveau und -beiträge vor und eine Solidarrente für Geringverdiener. Die Union will das erst in einer Kommission beraten. Konfliktpotenzial vorhanden.
ARBEIT UND SOZIALES: Die Union will Vollbeschäftigung bis 2025. Sie will Langzeitarbeitslosigkeit unter anderem durch mehr staatlich bezuschusste Beschäftigung bekämpfen. Die SPD setzt bei Hartz IV auf Erleichterungen, etwa durch eine Verdoppelung des Schonvermögens. Konfliktpotenzial überschaubar.
SOLIDARITÄTSZUSCHLAG: Die Union will den Solidaritätszuschlag von 2020 bis 2030 schrittweise abbauen. Die SPD will den Soli zunächst nur für untere und mittlere Einkommen abschaffen. Konfliktpotenzial überschaubar.
EINKOMMENSTEUER: Die CDU hatte vor der Wahl Steuerentlastungen von 15 Milliarden pro Jahr in Aussicht gestellt. Die SPD will vor allem untere Einkommen entlasten. Top-Verdiener und sehr große Erbschaften sollen stärker zur Kasse gebeten werden. Konfliktpotenzial vor allem bei Steuererhöhungen vorhanden.
MIGRATION: Die Union will den Familiennachzug weiter ausgesetzt lassen und eine Grenze bei maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr ziehen. Die SPD dürfte das in Reinform nicht mitmachen. Unbegrenzte Einwanderung will sie aber auch nicht. Konfliktpotenzial vorhanden.
KOHLEKRAFTWERKE und KLIMA: Die SPD als klassische Interessenvertreterin von Bergbau-Beschäftigten ist für einen moderateren Kohleausstieg als die Grünen. Konfliktpotenzial mit der Union überschaubar.
EUROPA: Die SPD könnte offener als die Union für Forderungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sein, etwa für einen Haushalt für die Eurozone. Konfliktpotenzial überschaubar - trotz des Vorstoßes von SPD-Chef Schulz für Vereinigte Staaten von Europa.