Rivalisierende Demonstranten in Bangkok - Bericht: Ein Toter

Bangkok (dpa) - Mit dem Aufmarsch Tausender rivalisierender Demonstranten hat sich die Lage in der thailändischen Hauptstadt Bangkok am Samstag zugespitzt.

Bei Zusammenstößen zwischen Gegnern und Anhängern der Regierung wurde nach übereinstimmenden Medienberichten ein 21 Jahre alter oppositioneller Student erschossen. Das habe die Polizei bestätigt, berichtete das Online-Nachrichtenportal „The Nation“. Lokale Medien hatten zuvor von mehreren Verletzten und Schüssen berichtet.

Die seit einer Woche andauernden Massenproteste waren bislang friedlich verlaufen. Die Demonstranten stürmten zwar Behörden und Ministerien, die Polizei verzichtete aber auf Gewalt. Am Samstag waren allerdings Tausende Anhänger der Regierung aus den Provinzen nach Bangkok gereist, um ihre Loyalität zu bekunden. Die Polizei schätzte die Zahl der Regierungstreuen - der sogenannten Rothemden - auf 60 000. In verschiedenen Stadtteilen protestierten womöglich ebenso viele Regierungsgegner.

Am späten Abend (Ortszeit) kam es zu Ausschreitungen. Oppositionelle einer Splittergruppe gingen nach Medienberichten auf mehrere Männer los, die sie für Rothemden hielten. Vier Menschen seien verletzt worden. In der Gegend seien Schüsse zu hören gewesen. Fotos aus Bangkok zeigten junge Männer, die einen Bus mit Fahrgästen attackierten und die Scheiben einschlugen.

Die Regierungsgegner hatten am Samstag zu Tausenden das Gelände der Telekombehörde und der staatlichen Telekomfirma TOT gestürmt, machten aber vor den Gebäuden halt. TOT und Behörde liegen in der Nähe des Ministerienkomplexes in Nord-Bangkok, den Demonstranten Mitte der Woche besetzt hatten. Der Komplex hat Sanitäreinrichtungen, Klimaanlage und Geschäfte und ist zu einem Hauptstandort der Demonstranten geworden. Am Abend hatten 750 000 TOT-Kunden keinen Internetzugang mehr, wie das Unternehmen mitteilte. Ob das auf eine Aktion der Demonstranten zurückging, war zunächst unklar.

Die Regierungsgegner prangern Korruption und Vergeudung von Steuergeldern an. Die Regierung erkaufe sich die Unterstützung der armen Massen und nutze die Mehrheit im Parlament dann zu ihrem persönlichen Vorteil. Regierungschefin Yingluck Shinawatra wollte etwa mit einer umstrittenen Amnestie ihren 2006 gestürzten Bruder Thaksin rehabilitieren. Er war vor einer Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs ins Ausland geflohen. Das Gesetz scheiterte an vehementen Protesten.

Wortführer Suthep Thaugsuban kündigte an, die Demonstranten wollten die Gelände zahlreicher Behörden besetzen, um die Mitarbeiter fernzuhalten und den Regierungsbetrieb dadurch zu lähmen. Die Volksrevolte werde am Sonntag von Erfolg gekrönt, behauptete er.

„Unsere Regierung arbeitet weiter“, sagte dagegen Vize-Regierungschef Phongthep Thepkanjana. „Wir haben bestimmte Gebäude, die wir mit Sicherheit (vor Eindringlingen) schützen werden.“ Die Regierung betont stets, dass sie keine Gewalt gegen die Demonstranten anwenden will. Das tat die Vorgängerregierung bei Massenprotesten 2010. Damals kamen in acht Wochen bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften mehr als 90 Menschen um. Suthep war damals Vize-Regierungschef und hatte das harte Durchgreifen angeordnet.

Suthep ernannte in seinem Protesthauptquartier in der Nacht ein sogenanntes Volkskomitee, das das Land vorübergehend regieren soll. Es besteht aus 37 Männern, darunter Geschäftsleuten und Professoren, mit Suthep an der Spitze. Was die überwiegend jungen Demonstranten davon hielten, war zunächst unklar.