Rückenwind für Schottlands Rebellen
Der Wahlsieg der Nationalisten schürt die Angst vor einer Abspaltung der britischen Region.
Edinburgh. Heldenhafte Highlander im Kampf gegen England und die Vormundschaft aus London — seit Jahrhunderten bringt dieser Mythos Volkslieder und Lesestoff, vor allem aber ganz reale Konflikte hervor. Jetzt hat die Schottische Nationalpartei SNP erstmals ausreichend Macht im Regionalparlament bekommen, um eine Volksabstimmung über die Abspaltung vom Vereinigten Königreich möglich zu machen.
SNP-Chef Alex Salmond zeigt sich bereits siegesgewiss und kündigte ein Referendum in den kommenden fünf Jahren an. Mit dem historischen Wahlsieg, der der SNP zum ersten Mal seit Einführung des Parlaments 1999 eine absolute Mehrheit gibt, sind noch lange nicht alle Hürden überwunden.
Vor allem ist der Freiheits-Wille der Schotten keinesfalls so groß, wie oft vermutet wird. Bei Umfragen geben regelmäßig rund zwei Drittel an, lieber weiter Teil des Königreichs bleiben zu wollen. Zu groß ist die Angst davor, es alleine nicht zu schaffen. Beispiel Bankenkrise: Die Royal Bank of Scotland hatte zu den größten Verlierern der globalen Krise gehört. In den Jahren 2008 bis 2010 hatte sie einen Verlust von rund 29 Milliarden Pfund angehäuft. Ohne Rettung aus London und die Verstaatlichung hätte es womöglich schlecht ausgesehen.
Dennoch gibt es Gegenwind aus London. Premierminister David Cameron ließ wissen, er werde „mit jeder Faser seines Körpers“ gegen den Zerfall des Vereinigten Königreichs kämpfen.
Zunächst dürfte der Kampf im Kleinen beginnen. Salmond will mehr finanzielle Macht für das Regionalparlament und unter anderem erreichen, dass Schottland seine eigene Unternehmenssteuer festlegen darf. Auf seiner Agenda stehen außerdem die Reform der Polizei und das Ziel, bis zum Jahr 2020 den gesamten Strombedarf Schottlands aus erneuerbaren Energien zu decken. Wie eng die Bindung der Schotten an den Rest der Briten 300 Jahre nach dem Verlust der Eigenständigkeit ist, wird sich zeigen.