Sarkozy lobt Allemagne und Madame Merkel
Der Präsident räumt ein, dass die Deutschen die Euro-Krise besser meistern als sein Land.
Paris. Frankreichs Staatspräsident ist im Laufe seiner bald fünfjährigen Amtszeit schon in verschiedene Rollen geschlüpft. Im Kaukasuskrieg 2008 gab er den besonnenen Friedensstifter, in Libyen den strahlenden Befreier. Im Angesicht der schwelenden europäischen Schuldenkrise verwandelt sich Sarkozy jetzt in den väterlichen Beschützer der Franzosen.
11,5 Millionen Franzosen saßen Donnerstagabend vor den Fernsehern, um ein in den beiden großen Programmen zeitgleich ausgestrahltes Interview mit dem Präsidenten zu sehen — ein sehr französisches, sehr höfisches TV-Format. Denn es ist nicht etwa der Präsident, der sich zum Kreuzverhör ins Fernsehstudio bequemen muss, sondern es sind die Journalisten, die alle halbe Jahre zum Staatsoberhaupt in den Palast zitiert werden.
So hell das Gold des prachtvollen „Porträtsaals“ im Scheinwerferlicht glänzte, so düster sind die Prognosen für Europas zweitgrößte Wirtschaftsmacht. Das für 2012 zunächst angenommene Wachstum von 1,75 Prozent korrigierte Sarkozy nach unten: auf höchstens ein Prozent. Nun drohen Mindereinnahmen von sechs bis acht Milliarden Euro. Erst vor einigen Wochen hatte Paris ein zehn Milliarden Euro umfassendes Sparpaket geschnürt.
Dramatische Konsequenzen könnte das Haushaltsloch auch deshalb haben, weil Rating-Agenturen das Land im Visier haben. Schon in gut zweieinhalb Monaten könnte es wegen unbefriedigender Haushaltsdisziplin die Dreifach-A-Bonität verlieren. Ein folgenschwerer Schritt, der gleichzeitig Sarkozys Hoffnung auf Wiederwahl im Mai 2012 zerstören würde.
Sarkozy bleibt also nichts anderes übrig, als die Flucht nach vorn zu ergreifen und seine Landsleute auf magere Zeiten einzustimmen. Durchaus wahrscheinlich, dass doch noch an der Steuerschraube gedreht werden muss.
Es fiel auf, wie oft und wie anerkennend Sarkozy in den 75 Minuten die Worte „Allemagne“ und „Madame Merkel“ fallen ließ. So gern sich der Franzose als visionärer Retter des Euro profilieren möchte, so sehr muss er inzwischen eingestehen, dass in Wirklichkeit nicht Frankreich, sondern das weitaus besser aufgestellte Deutschland den Kurs in Euro-Zone und EU bestimmt — und den Krisen-Karren kraftvoll aus dem Dreck zu ziehen vermag. Während Deutschland seine Sozialsysteme und die Wirtschaft modernisiert hätte, so Sarkozy, leide Frankreich immer noch unter der fatalen Einführung der 35-Stunden-Woche.