Schweizer demonstrieren für offene Eidgenossenschaft
Bern (dpa) - Gut drei Wochen nach dem Schweizer Volksentscheid für eine Begrenzung der Zuwanderung haben tausende Menschen in Bern für ein offenes und solidarisches Land demonstriert.
Redner warnten bei einer von den Grünen und der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP) sowie von Gewerkschaften und zahlreichen weiteren Organisationen unterstützten Kundgebung vor einer Abschottung der Eidgenossenschaft. Derweil fordern Schweizer Jungsozialisten gar, dass die SP aus Protest die Regierung verlässt.
„Die Schweiz ohne Ausländer ist wie Schweizer Schokolade ohne Kakao“, hieß es auf einem Spruchband. Auf einem anderen stand: „Grenzen sind konstruiert - alle sind Menschen“. Die Veranstalter gaben die Zahl der Demonstranten vor dem Bundeshaus, dem Sitz von Regierung und Parlament, mit rund 12 000 an. Sie betonten im Demonstrationsaufruf, Migranten würden wesentlich zum Wohlstand der Eidgenossenschaft beigetragen.
Die von der national-konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) eingereichte Initiative „gegen Masseneinwanderung“ war am 9. Februar knapp mit 50,3 Prozent angenommen worden. Sie sieht eine Begrenzung der Zuwanderung durch noch festzulegende Kontingente vor. Direkt betroffen wären in erster Linie Bürger von EU-Staaten, für die bislang auch in der Schweiz noch volle Personenfreizügigkeit gilt. Für Bürger anderer Staaten gibt es schon seit langem Beschränkungen.
Die Gegner einer solchen „Abschottung“ machten geltend, dass die SVP-Initiative von allen anderen Parteien, der Regierung und den Wirtschaftsverbänden sowie an der Urne von nahezu der Hälfte der Abstimmungsteilnehmer zurückgewiesen worden sei. „Wir sind die 49,7 Prozent“, erklärten sie.
Viele Redner warnten vor der „noch radikaleren“ sogenannten Ecopop-Initiative. Damit soll eine Beschränkung der jährlichen Zuwanderung auf 0,2 Prozent der Wohnbevölkerung durchgesetzt werden. Das wären derzeit 16 000 Menschen - gegenüber bisher rund 80 000 pro Jahr. Ein Termin für die Abstimmung darüber steht noch nicht fest. „Spätestens an jenem Sonntag müssen wir mehr als 50 Prozent der Stimmen auf unserer Seite haben“, rief eine Rednerin.
Derweil beschloss die Führung der Jungsozialisten nach einem Bericht der Zeitung „Schweiz am Sonntag“, den Austritt der SP aus der Regierung zu fordern. Diese habe wegen der SVP-Volksinitiative nun den „den Auftrag, Menschen mit der Einteilung in verschiedene Kategorien zu diskriminieren und Menschen ausländischer Herkunft einzig auf ihren wirtschaftlichen Nutzen für Schweizer Unternehmen zu reduzieren“, heißt es laut Zeitung in einem Resolutionsentwurf für die SP-Delegiertenversammlung am 29. März. Die SP stellt zwei der sieben Minister der Schweizer Regierung.