Büro von Save the Children Sieben Tote bei Angriff auf Kinderhilfs-NGO in Afghanistan

Kabul (dpa) - Bei einem Angriff der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mit Bomben und Schusswaffen auf ein Büro der Kinderhilfsorganisation Save the Children in Ostafghanistan sind mindestens neun Menschen ums Leben gekommen.

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Unter ihnen seien unter anderem zwei Mitarbeiter der Organisation, ein Wächter und ein Mitglied der Sicherheitskräfte, sagte der Regierungssprecher der Provinz Nangarhar, Attaullah Chogiani, am Mittwoch. Während eines neun Stunden langen Schusswechsels seien alle fünf Attentäter getötet worden.

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Spezialkräfte schafften es erst nach Stunden, 46 Menschen aus dem Schutzraum des Bürogebäudes zu retten. Die Hilfsorganisation stellte wegen der prekären Sicherheitslage ihre Arbeit landesweit ein.

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Der Überfall auf das NGO-Büro in der Stadt Dschalalabad war schon der dritte schwere Angriff von Extremisten in Afghanistan allein im Januar - und er begann nur wenige Stunden nachdem in der Hauptstadt Kabul wieder ein Abschiebeflug aus Deutschland gelandet war. Mit der neunten Sammelabschiebung waren 19 junge Männer angekommen. Laut Bundesinnenministerium waren unter ihnen ein Gefährder, also ein Mann, dem Behörden Terrortaten zutrauen, 13 Straftäter und 5 Männer, die Angaben über ihre Identität hartnäckig verweigert hätten.

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Seit einem schweren Anschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul im Mai 2017 lässt die Bundesregierung nur noch abgelehnte Asylbewerber aus diesen drei Kategorien abschieben. Trotzdem hatten am Dienstagabend am Düsseldorfer Flughafen mehrere Hundert Menschen gegen die Maßnahme demonstriert.

Der Angriff auf die Kinderhilfsorganisation hatte gegen 9.00 Uhr Ortszeit (5.30 MEZ) begonnen. Wie Regierungssprecher Chogiani berichtete, sprengte sich zuerst vor dem Gebäude ein Selbstmordattentäter in die Luft. Dabei gingen auch einige Autos in Flammen auf. Dann seien Bewaffnete in das Haus eingedrungen und hätten auch mit schweren Waffen um sich geschossen und Handgranaten geworfen.

Viele Mitarbeiter hätten sich in einen Schutzraum retten können, ein Zimmer mit schusssicheren Stahltüren ohne Fenster, sagte ein Mitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur. Für die meisten Organisationen in Afghanistan sind solche Schutzräume mittlerweile zur Pflicht geworden. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es allen meinen lieben Kollegen in Dschalalabad gerade geht. Ich zittere am ganzen Körper“, sagte der Mitarbeiter. Spezialkräfte schaffen es erst nach Stunden, 46 Menschen aus dem Schutzraum zu retten.

Insgesamt 25 Menschen seien verletzt worden, hieß es später - auch in Nachbarhäusern, wo Fensterscheiben barsten und Kugeln einschlugen.

Der IS hatte sich über sein Sprachrohr Amak zu dem Anschlag bekannt. Die Terrormiliz hat in der Provinz ihre einzige, wenn auch kleine territoriale Basis und verübt in Nangarhar, aber auch in Kabul, zunehmend besonders grausame Anschläge - 2017 zum Beispiel auf eine vollbesetzte schiitische Moschee (71 Tote) oder auf ein Militärkrankenhaus (knapp 50 Tote).

Im Bekenner-Schreiben des IS hieß es, die NGO gehöre zu den „Kreuzfahrer-UN“ - hinter der Anspielung steckt der Vorwurf, die Organisation wolle Muslime zum Christentum konvertieren.

Der afghanische IS-Experte des Rechercheinstituts International Crisis Group, Borhan Osman, sagt, das sei eine weit verbreite Auffassung. „Für diese Extremisten machen ausländische Organisationen keine humanitäre Arbeit. Sie bringen Spione ins Land. Oder sie missionieren und korrumpieren die Werte und islamische Moral der Afghanen.“

Save the Children veröffentlichte am Abend (Ortszeit) über soziale Medien die Botschaft, dass sie nach dem Angriff die Arbeit landesweit eingestellt habe. Alle Büros seien geschlossen worden. „Wir sind bereit, unsere Operationen und lebensrettende Arbeit so schnell wie möglich wieder aufzunehmen“, hieß es in der Botschaft - sobald es sicher sei.

Die NGO mit eigenen Hauptsitzen in vielen Ländern der Welt ist eine der größten in Afghanistan und kümmert sich seit 1976 vor allem in den Bereichen Gesundheit und Bildung um Kinder und Mütter. Nach eigenen Angaben erreicht die Organisation derzeit 1,4 Millionen Kinder in 17 Provinzen.

Der Angriff bestätigt die Einschätzung der UN, dass Afghanistan eines der gefährlichsten Länder der Welt für Helfer bleibt. Nach Angaben der UN aus dem Dezember waren im vergangenen Jahr 17 Entwicklungs- und Nothelfer getötet worden, 33 verletzt und 47 entführt.

Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich seit Ende der Nato-Kampfmission vor drei Jahren drastisch verschlechtert. Die Taliban kontrollieren oder beeinflussen nach Militärangaben mittlerweile wieder rund 13 Prozent des Landes und kämpfen um weitere 30 Prozent. Der IS verübt mehr Anschläge.