Skandal bei Massaker-Prozess in Kairo

Kairo (dpa) - Der Prozess gegen den ehemaligen ägyptischen Innenminister Habib al-Adli ist am Samstag in Kairo nach einem handfesten Skandal vertagt worden.

Im Gerichtssaal war es zu handgreiflichen Auseinandersetzungen gekommen, als Polizisten und Zivilisten mit ihren Körpern die insgesamt sieben Angeklagten in ihrem Gitterkäfig vor den Blicken der Zuschauer abschirmten. Angehörige der Opfer der Polizeigewalt während der Massenproteste im Januar und Februar empörten sich darüber. Der Richter vertagte den Prozess daraufhin auf den 26. Juni.

Al-Adli und die anderen sechs ehemaligen hohen Beamten aus dem Innenministerium werden in dem vor einem Monat eröffneten Verfahren beschuldigt, Schießbefehle gegen unbewaffnete Demonstranten erteilt zu haben. Bei den Protesten, die am 11. Februar zum Sturz von Präsident Husni Mubarak geführt hatten, wurden mehr als 840 Menschen von Polizisten, Geheimdienstlern und bewaffneten Regime-Anhängern getötet. Mehr als 6000 Menschen erlitten Verletzungen. Wegen der tödlichen Gewalt gegen Demonstranten wird auch gegen Mubarak selbst ermittelt. Er steht im Krankenhaus unter Arrest.

Im Fall des gestürzten Staatschefs sprach sich die höchste islamische Autorität des Landes für einen nachsichtigen Umgang aus. Mubarak habe lange Zeit viel für Ägypten getan und sei heute ein alter und kranker Mann, erklärte Scheich Ahmed al-Tajjib, das Oberhaupt des Al-Azhar Islam-Instituts in Kairo, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (F.A.S.). „Man sollte Gnade vor Recht walten lassen“, fügte er hinzu.

Al-Azhar gilt als die wichtigste Institution des sunnitischen Islam weltweit. Während der 18-tägigen Massenproteste, die zum Sturz Mubaraks führten, hatte sich ihr Oberhaupt mit öffentlichen Äußerungen zurückgehalten. Die Demonstranten warfen ihm deshalb vor, dem alten Regime zu nahe gestanden zu haben. Tatsächlich ist Al-Tajjib die erste einflussreiche Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die sich für eine Amnestie des 83-jährigen Mubarak einsetzt.

In Syrien bereiteten sich die Angehörigen von Dutzenden Opfern der Regime-Gewalt am Samstag auf Begräbnisse vor. Nach neuesten Angaben von Menschenrechtsaktivisten hatten Sicherheitskräfte und Heckenschützen in Zivil am Freitag bei den Protesten gegen Präsident Baschar al-Assad 44 Menschen getötet. Die meisten Opfer waren in der westlichen Stadt Homs und in Maarat al-Numan im Nordwesten des Landes zu verzeichnen.