Sorge über mögliche neue Wikileaks-Enthüllung
Washington (dpa) - Die US-Regierung befürchtet diplomatischen Ärger wegen der angekündigten Veröffentlichung von Geheimpapieren aus dem Außenministerium auf der Enthüllungsplattform Wikileaks. „Die Veröffentlichungen sind schädlich für die USA und unsere Interessen“.
Das sagte der Außenamtssprecher Philip Crowley am Mittwoch. Noch in dieser Woche könnten nach seinen Angaben Hunderttausende interne Papiere aus dem State Department auf der Website erscheinen. In Washington herrscht Alarmstimmung.
Wikileaks hatte bereits in den vergangenen Monaten mit der Veröffentlichung von Hunderttausenden Geheimdokumenten aus den USA zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak international für Aufsehen gesorgt. Nun kündigten Aktivisten der Internetplattform die Offenlegung neuer Papiere an.
Diese enthielten sensible Informationen und seien Abbild des „diplomatischen Tagesgeschäfts“, sagte Crowley. Das Material umfasse auch Nachrichten und Gesprächsprotokolle mit Einschätzungen über internationale Beziehungen, die Vertreter anderer Staaten gegenüber US-Diplomaten in dem Vertrauen geäußert hätten, dass sie niemals an die Öffentlichkeit geraten.
„Wenn dieses Vertrauen gebrochen wird, dann hat das Auswirkungen“, sagte Crowley. Er sehe deswegen „Spannungen in den Beziehungen zwischen unseren Diplomaten und Freunden in der ganzen Welt“ auf die USA zukommen. Crowley sprach auch von Gefahren für die nationale Sicherheit. Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ könnten unter anderem Teile aus dem Schriftverkehr über Häftlinge im Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba online gestellt werden.
Die amerikanischen Auslandsvertretungen hätten bereits begonnen, andere Regierungen über die möglichen Veröffentlichungen zu unterrichten, sagte Crowley.
Auch das US-Verteidigungsministerium zeigte sich besorgt. In einer E-Mail an Kongressmitglieder warnte das Pentagon, dass die Papiere „eine enorme Spannbreite an sehr sensiblen außenpolitischen Themen“ berührten. Das Pentagon habe seine spezielle Arbeitsgruppe für den Umgang mit Wikileaks-Veröffentlichungen daher wieder auf 100 Mitarbeiter aufgestockt, hieß es in Medienberichten. Es befürchte, neben dem Außenministerium auch selbst betroffen zu sein, weil seine Quellen für geheimdienstliche Informationen aufgedeckt werden könnten.
Den Pentagon-Erkenntnissen zufolge koordinieren das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, die „New York Times“ und der britische „Guardian“ derzeit eine gemeinsame Veröffentlichung von Berichten über die Dokumente. Diese Medien hatten bereits im Juli kooperiert, als Wikileaks 75 000 Geheimpapiere über den Krieg in Afghanistan zugänglich gemacht hatte.
Die Wikileaks-Aktivisten reagierten am Mittwoch im Kurznachrichtendienst Twitter auf die Berichte mit dem Kommentar, dass das Pentagon wieder „hyperventiliert“, weil es Angst habe, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Bereits am Montag hatten sie per Twitter mitgeteilt, das neue Material werde den siebenfachen Umfang der geheimen Logbucheinträge aus den USA zum Irak-Krieg haben, die im Oktober veröffentlicht worden waren. Allein dieser Datensatz mit internen Feldprotokollen der US-Armee hatte mehr als 400 000 Dokumente umfasst.