Sorgen um Griechenland verunsichern Politik und Märkte

Berlin/Athen (dpa) - Die Bundesregierung weist alle Vorwürfe zurück: Es gibt keinen Kurswechsel gegenüber Athen, betont ihr Sprecher. Doch die Spekulationen über einen Euro-Austritt Griechenlands halten an.

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Linke sprechen von Erpressung.

Die Bundesregierung verlangt von Athen die Erfüllung aller Spar- und Reformzusagen. Gleichzeitig weist sie den Vorwurf zurück, sich in den Wahlkampf in Griechenland einzumischen. Drei Wochen vor den Parlamentswahlen sagte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), man erwarte von der griechischen Regierung - „egal wer sie stellt - dass die mit der EU getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden“. Die Debatte über einen möglichen Austritt des hoch verschuldeten Landes aus dem Euro belastet auch die internationalen Finanzmärkte.

„Ziel der gesamten Bundesregierung, der EU und der Regierung in Athen selbst ist es, Griechenland in der Eurozone zu halten“, sagte Gabriel der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. „Es gab und gibt keine gegenteiligen Pläne.“ Die Eurozone sei heute wesentlich stabiler und widerstandsfähiger als noch vor einigen Jahren. „Deshalb sind wir übrigens auch nicht erpressbar“, betonte er in Richtung Athen. Dort hat der in Umfragen führende Linkspolitiker Alexis Tsipras ein Ende der Sparpolitik angekündigt, falls er die Wahl am 25. Januar gewinnt.

Am Wochenende hatte ein „Spiegel“-Bericht für Wirbel gesorgt, wonach Berlin bei einem Sieg des Linksbündnisses Syriza einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone für verkraftbar hält. Regierungssprecher Steffen Seibert wollte das nicht ausdrücklich dementieren, betonte aber: „Wir respektieren die souveräne Entscheidung der griechischen Wähler und warten jetzt einmal ab.“ Es gebe keinen Kurswechsel. Die Hilfszusagen der EU seien ebenso langfristig wie die Reformversprechen Athens.

Nach Einschätzung des SPD-Finanzpolitikers Carsten Schneider würde ein Euro-Austritt Griechenlands die deutschen Steuerzahler 30 Milliarden Euro oder mehr kosten. Die internationalen Geldgeber hätten fast 240 Milliarden an Krediten an Griechenland gegeben, um das Land zu stabilisieren und im Euro zu halten, sagte Schneider. Bei einem Umstieg auf die Drachme könne Athen das nicht zurückzahlen.

Tsipras nannte die Debatte über einen Euro-Austritt ein Schreckgespenst. Der konservative Regierungschef Antonis Samaras benutzte dies, um die Wähler zu terrorisieren, sagte er. Seine künftige Regierung werde hart mit den Geldgebern für eine Lockerung der Sparmaßnahmen und einen Schuldenschnitt verhandeln.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht warf der Bundesregierung vor, die griechischen Wahlen beeinflussen zu wollen. „Mit der Erpressung, dass Griechenland im Falle eines Wahlsiegs von Syriza aus dem Euro fliegt, will man den Leuten Angst machen“, sagte Wagenknecht der „Saarbrücker Zeitung“.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer warnte vor Einmischung in den Wahlkampf. „Es ist richtig, Hilfen an Bedingungen zu knüpfen, wie das auf deutschen Druck hin in der Europäischen Union geschehen ist“, sagte er der „Welt“. „Aber wir sollten jetzt nicht als Oberlehrer im griechischen Wahlkampf auftreten.“

Ein Verbleib Griechenlands in der Eurozone liegt aus Sicht des französischen Präsidenten François Hollande allein in der Hand des Landes. Hollande sagte am Montag im französischen Sender France Inter, die Wähler seien frei, über ihre Regierung zu entscheiden.

Die EU-Kommission erinnerte an europäisches Recht: Der EU-Vertrag lege fest, „dass die Mitgliedschaft im Euro unwiderrufbar ist“, sagte eine Sprecherin am Montag in Brüssel. Der Euro werde niemals untergehen. „Der Euro hat seine Belastungsfähigkeit bewiesen.“

Die Debatte um einen Austritt Athens aus dem Euro-Raum sorgte an den den europäischen Aktienmärkten für einen schleppenden Start in die neue Handelswoche. Der Dax gab zum Nachmittag um rund 1,5 Prozent nach. Der griechische Leitindex ASE in Athen büßte zeitweise mehr als 3 Prozent ein. Der Euro geriet weiter unter Druck.