Spanien vor dem Machtwechsel
Die Konservativen stehen vor einem haushohen Sieg. In dem verschuldeten Land warten schwere Aufgaben auf sie.
Madrid. In Spanien, das mit einer tiefen Wirtschaftskrise kämpft, stehen die Zeichen auf Machtwechsel. Nach ersten Prognosen von gestern Abend errangen die konservative Volkspartei (PP) und ihr Spitzenkandidat Mariano Rajoy (56) bei der Parlamentswahl einen triumphalen Sieg.
Die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) des bisherigen Regierungschefs Jose Luis Zapatero (51) erlitt demnach eine historische Niederlage. Da Zapatero bereits im April seinen politischen Rückzug angekündigt hatte, waren die Sozialisten mit dem früheren Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba (60) als Spitzenmann angetreten.
Den Prognosen zufolge konnte die konservative Volkspartei zwischen 181 und 185 Sitze im Parlament in Madrid gewinnen, was die absolute Mehrheit bedeuten würde. In der vergangenen Wahl im Jahr 2008 mussten sich die Konservativen mit 154 Parlamentssitzen zufriedengeben. Die Sozialisten kommen den Angaben zufolge auf 115 bis 119 Sitze. 2008 lagen sie noch mit 169 Mandaten klar vorne. Spaniens Parlament hat insgesamt 350 Abgeordnete, die absolute Mehrheit liegt bei 176 Mandaten.
Der vermutlich künftige Ministerpräsident Mariano Rajoy versprach, eine Regierung der „Eintracht und Einheit” zu formieren und „mit allen“ anderen Parteien zu reden. „Die kommenden vier Jahre sind wichtig für unsere Zukunft.“ Er kündigte an, „ein Projekt des nationalen Aufschwungs“ in Gang zu setzen. Er bekannte aber auch, dass es „schwierig“ werde, die Finanz- und Wirtschaftskrise zu überwinden.
An die Finanzmärkte appellierte er, seinem Land eine Chance zu geben. Spanien hat eine Arbeitslosenquote von fast 23 Prozent, die Wirtschaft stagniert, die Haushaltsschulden bringen Staat, Regionen und Rathäuser in immer größere Not.
Die Wahl stand im Zeichen der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise des südeuropäischen EU-Landes, dessen Schuldzinsen vergangene Woche vorübergehend die kritische Sieben-Prozent-Marke überschritten. Darin spiegelt sich das Misstrauen der Finanzmärkte, die das hochverschuldete Spanien, ähnlich wie Italien, nun ebenfalls als Euro-Risikokandidaten einordnen.
Mit dem erwarteten Machtwechsel würde nach Griechenland, Irland, Portugal und Italien nun die fünfte Regierung über die nationalen Wirtschaftsturbulenzen und die Euro-Schuldenkrise stürzen. Mit der voraussichtlichen Abfuhr für Zapatero, der seit Frühjahr 2004 im Amt war, geht die Regierungsära der Sozialisten nach siebeneinhalb Jahren zu Ende. Angesichts der sich zuspitzenden Lage in Spanien soll die neue Regierung möglichst schnell vereidigt werden.
Der Staat steht vor weiteren schmerzhaften Sparbeschlüssen, um das Haushaltsdefizit herunterzufahren. Spaniens scheidender Ministerpräsident Zapatero hatte sich verpflichtet, die Neuverschuldung bis 2013 unter jene Drei-Prozent-Grenze zu drücken, die im Euro-Vertrag festgelegt ist. 2010 lag Spaniens Defizit noch bei 9,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.