Steinbrück bleibt wegen „Clown“-Äußerungen in der Kritik

Berlin/Rom (dpa) - SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kommt wegen seiner „Clown“-Äußerungen zum Wahlausgang in Italien aus der Kritik nicht heraus. Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano mahnte ihn am Donnerstag in Berlin bei der Wahl seiner Worte künftig zur „Mäßigung“.

Nach einem Treffen mit Bundespräsident Joachim Gauck sagte er: „Es liegt auf der Hand, dass das nicht in Ordnung ist.“ Zuvor hatte Napolitano schon eine geplante Begegnung mit dem SPD-Kandidaten abgesagt. Gauck zog es vor, die Äußerungen nicht öffentlich zu beurteilen: „Manches kommentiert sich auch von selbst.“

Steinbrück hatte am Dienstagabend bei einer SPD-Veranstaltung in Potsdam gesagt: „Bis zu einem gewissen Grad bin ich entsetzt, dass zwei Clowns gewonnen haben.“ Damit bezog er sich auf den ehemaligen TV-Komiker Beppe Grillo sowie den früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, dem er dazu noch eine „besonderen Testosteron-Schub“ unterstellte. Bei der schwierigen Regierungsbildung in Italien haben beide durch ihre guten Wahlergebnisse eine Schlüsselposition inne.

Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl im September kam vor allem aus dem schwarz-gelben Regierungslager massive Kritik an Steinbrück. FDP-Fraktionsvize Volker Wissing schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter von „Peerlusconi“. Steinbrück sei ein „außenpolitisches Sicherheitsrisiko“. Auch in der SPD sowie bei den Grünen gab es kritische Stimmen. Im rot-grünen Lager äußerten einige jedoch auch Verständnis für die Äußerungen des ehemaligen Bundesfinanzministers.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ulla Burchardt - auch Vorsitzende der deutsch-italienischen Parlamentariergruppe - sagte der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstag): „Es ist nicht diplomatisch, das politische Personal eines befreundeten Staates mit solchen Begriffen zu belegen.“ Der Grünen-Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit kritisierte im RBB, ein Kanzlerkandidat dürfe nicht „verbal ausrasten“. Linken-Chef Bernd Riexinger sagte, die Äußerungen seien „jedenfalls kein Ausweis außenpolitischer Schlauheit“.

Lasse Becker, der Vorsitzende der FDP-Jugendorganisation Junge Liberale, gab dem SPD-Kanzlerkandidaten zumindest teilweise recht. Er sagte dem Onlineportal „BILD.de“ am Donnerstag: „Es wäre nicht meine Wortwahl, aber im Kern hat Steinbrück nicht ganz unrecht.“ Grillo wolle „von Berufs wegen lustig sein“, Berlusconi schaffe das „teilweise auch so“. Becker sagte aber auch über die Steinbrück-Äußerungen: „Kanzler geht anders.“

Die SPD-Führung stellte sich hinter ihren Kandidaten. Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte in der ARD: „Man darf doch politische Ergebnisse auch noch politisch kommentieren, wenn man Kanzlerkandidat ist.“ Grünen-Kollege Volker Beck meinte: „Der Vergleich mit Berlusconi ist höchstens eine Beleidigung für jeden rechtschaffenen Clown.“ Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur:„Clowns bringen Menschen zum Lachen“ - Berlusconi tue das gerade nicht. „Ihn einen lustigen Clown zu nennen, ist schlichtweg Untertreibung.“

Die italienischen Medien reagierten mit heftiger Kritik. „Rüpelhafte Sätze“ konstatierte der „Corriere della Sera“. „Zwischen Sorge und Flegelhaftigkeit gibt es doch einen Unterschied, den zu beseitigen niemandem erlaubt ist.“ Das Blatt „La Repubblica“ nannte Napolitanos Absage an Steinbrück eine „diplomatische Notwendigkeit“.

Ansonsten trat der italienische Präsident in Berlin Befürchtungen entgegen, dass die Regierungsbildung in Rom zur monatelangen Hängepartie werden könnte. „Ich bin sicher, dass in den nächsten Wochen eine italienische Regierung gebildet wird.“ Napolitano entscheidet darüber, wer den Auftrag zur Regierungsbildung bekommt. Zur Warnung von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor einem „Ansteckungsrisiko“ für den Euro sagte er: „Wenn man ansteckend ist, muss man zunächst einmal krank werden. Wir sind ja überhaupt nicht krank. Deswegen gibt es auch kein Ansteckungsrisiko.“

Napolitano verwies darauf, dass Italien bis zur Vereidigung einer neuen Regierung mit Mario Monti einen amtierenden Ministerpräsidenten habe. Jetzt müssten erst einmal die gesetzlichen Fristen abgewartet werden. In Berlin traf er auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Diese bekundete ihr „Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der politischen Kräfte in Italien, die in dieser komplexen Situation nun eine handlungsfähige Regierung zu bilden haben“.