Streit in Brüssel um Griechenlands Finanzen
Brüssel (dpa) - Das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland hat die Europartner in Brüssel zu mehr Mut bei der Lösung der Finanzkrise aufgefordert. „Die EU braucht kühne politische Initiativen“, sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel.
Zuvor hatte das vor Milliarden-Rückzahlungen stehende Euroland ein akutes großes Liquiditätsproblem eingeräumt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte vor einem abendlichen Krisentreffen allerdings deutlich, dass mit ihr keine schnellen Lösungen an den Finanzministern vorbei zu machen seien. Ärger gab es am Abend, weil die Griechenland-Beratungen nur in kleiner Runde stattfinden sollten.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte, mehrere Regierungschefs hätten sich dafür ausgesprochen, dass auch er dabei sein solle. „Ich werde nicht teilnehmen“, betonte Schulz.
In der großen Runde aller Staats- und Regierungschefs stand die Schuldenkrise nicht auf der Tagesordnung des zweitägigen Gipfels. EU-Spitzenpolitiker warnten ihren Amtskollegen Tsipras vor zu großen Hoffnungen. „Erwarten Sie keine Lösung, erwarten Sie keinen Durchbruch“, betonte Kanzlerin Merkel. „Entscheidungen werden in der Eurogruppe gefällt und dabei bleibt es auch.“
Lediglich der Parlamentspräsident Schulz zeigte sich mit Blick auf die drohende Zahlungsunfähigkeit Griechenlands optimistischer. „Der Druck im Kessel ist hoch und deshalb glaube ich, dass es ein Ergebnis geben wird“, sagte der SPD-Politiker am Rande des Gipfels.
Echte Anzeichen für eine bevorstehende Einigung gab es auch aus Sicht von Schulz nicht. Nach Einschätzung der europäischen Geldgeber hat die Regierung in Athen bislang kein überzeugendes Konzept dafür vorgelegt, wie sie das Land aus der Schuldenkrise führen will. Einen solchen Plan haben die Finanzminister der Euro-Staaten zur Voraussetzung für weitere Kredite gemacht.
Die Regierung des linken Ministerpräsidenten Tsipras hat ihren Wählern hingegen versprochen, die für soziales Elend verantwortlich gemachte Sparpolitik zu beenden. Gespräche mit Vertretern der früher Troika genannten Institutionen Internationaler Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäische Zentralbank (EZB) sind unterbrochen.
In den Hintergrund rückte beim Gipfel das Schwerpunktthema Energieunion. Die EU-Staaten wollen in den nächsten Monaten die Grundlage für eine stärkere Zusammenarbeit im Energiebereich schaffen. Sorge bereitet vor allem die Abhängigkeit mancher EU-Länder von Russland. Die fortdauernden Gaskonflikte mit dem Transitland Ukraine führten in den vergangenen Jahren immer wieder auch zu Engpässen im Westen. Die EU erhielt nach den zuletzt verfügbaren Zahlen etwa je ein Drittel ihrer Importe an Rohöl und Gas aus Russland.