Sudan vor historischer Volksabstimmung über Spaltung

Khartum/New York/Brüssel (dpa) - Die Welt blickt gespannt nach Afrika, wo am Sonntag in einem als historisch geltenden Referendum über die Unabhängigkeit des Südsudans entscheiden wird. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief alle Seiten zu Ruhe und Besonnenheit auf.

Die Volksabstimmung müsse im Geiste von Brüderlichkeit und Frieden abgeschlossen werden, erklärte der Südkoreaner am Samstag in New York. Alle Parteien müssten dafür sorgen, dass die Abstimmung frei, gerecht und sicher sei. Die Vereinten Nationen würden ihren Teil dazu beitragen.

Die EU unterstrich die Bedeutung dieser Abstimmung, die bis zum 15. Januar andauert. Es sei äußerst wichtig für einen dauerhaften Frieden im Sudan, dass dieses Referendum abgehalten werde, erklärte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Brüssel. Die Abstimmung sei ein „historischer Meilenstein“ in der Umsetzung des Friedensabkommens von 2005 und müsse friedlich und glaubwürdig verlaufen. Die EU wolle die Stabilität und die Entwicklung von allen Teilen des Sudans unterstützen.

In der Abstimmung geht es um eine Lösung des rohstoffreichen, aber praktisch unerschlossenen Südens vom arabisch geprägten Norden des bisher größten Landes in Afrika. Das Referendum ist Teil des Friedensabkommens, das 2005 den jahrzehntelangen Bürgerkrieg beendete. In dem Konflikt waren mehr als zwei Millionen Menschen getötet und vier Millionen vertrieben worden.

Polizeichef Hashim Osman erklärte am Samstag, die Sicherheitskräfte seien bereit, die Volksabstimmung abzusichern. Dazu seien alle Vorbereitungen getroffen worden, wurde er von der Agentur SUNA zitiert. Bei einer Schießerei starben mindestens vier Menschen, als in der Nacht zum Samstag südsudanesische Soldaten von Rebellen beschossen wurden.

Allgemein wird mit einer klaren Mehrheit der vier Millionen Stimmberechtigten für die Unabhängigkeit gerechnet. Der Südsudan könnte dann nach sechs Monaten als 193. Mitglied in die UN aufgenommen werden.

Sudans Präsident Omar Al-Baschir warnte allerdings vor einer Loslösung des südlichen Landesteils. Der Süden sei nicht in der Lage, „für die Menschen zu sorgen oder einen Staat oder eine Amtsgewalt zu bilden“, sagte er am Freitag dem arabischen Sender Al-Dschasira. Er äußerte sich besorgt über mögliche Instabilität im Süden, die sich auch auf den Norden auswirken würde. „Wenn Krieg im Haus deines Nachbarn herrscht, wirst Du nicht im Frieden sein“, warnte Al-Baschir.

Zugleich zeigte der Präsident Verständnis für die Unabhängigkeitsbestrebungen. Nach jahrzehntelangem Krieg seien die Bewohner des Südens entweder Flüchtlinge oder in anderer Weise zu Schaden gekommen. „Sie glauben, dass der Grund für all dieses Leid darin besteht, dass der Süden vom Norden kontrolliert wird, und sie glauben, dass sie dieses Leiden nur durch die Loslösung des Südens vom Norden beenden können“, sagte Al-Baschir. Die Unabhängigkeit sei aber kein Allheilmittel.

Al-Baschir schloss eine doppelte Staatsbürgerschaft für die im Norden lebenden Südsudanesen aus, falls die Bevölkerung des Südens sich wie erwartet für einen eigenen Staat entscheidet. „Wenn sie ihr eigenes Land im Süden und gleichzeitig ihre Staatsbürgerschaft im Norden mit allen Rechten wollen, sollte der Sudan geeint bleiben“, sagte er. Die im öffentlichen Dienst beschäftigten Südsudanesen - etwa ein Fünftel der dort Beschäftigten - müssten im Falle einer Abspaltung des Südens entlassen werden. „Doppelte Staatsbürgerschaft steht außer Frage“, betonte Al-Baschir.

Es solle jedoch eine „besondere Beziehung“ zum Süden angestrebt werden, sagte Al-Baschir weiter. „Es gibt Diskussionen zwischen beiden Partnern über gemeinsame Interessen im Bereich Sicherheit, Wirtschaft und Entwicklung, so wie in der Europäischen Union.“