Syrien-Konflikt: Zwei Männer — ein Kompromiss

Den Außenministern Kerry und Lawrow gelingt eine Verständigung zwischen USA und Russland — auch, weil sich beide gut verstehen.

Genf. Als der Durchbruch geschafft war, mitten in der Nacht zum Samstag, brauchte John Kerry „erst mal frische Luft“. Um 1 Uhr morgens spazierte der Außenminister der USA am malerischen Ufer des Genfer Sees entlang, begleitet nur von ein paar Sicherheitsleuten.

Über das, was Sergej Lawrow tat, nachdem in dem Verhandlungsmarathon um Syriens Giftgaswaffen endlich die Zielmarke erreicht war, wollten russische Diplomaten keine Angaben machen. „Soviel ist aber sicher“, sagte einer, „er hat sich erst mal eine Zigarette angezündet“.

Ob Frischluft- oder Nikotinfanatiker, in einem waren sich die Außenminister einig: Ohne einen „Deal“, ohne einen tragfähigen Fahrplan für die Abrüstung der syrischen Chemiewaffen, wollte keiner von ihnen abreisen. Dieser gelang, und es lag wohl auch daran, dass die Kerry und Lawrow einen Draht zuein-ander fanden.

Ihr Kompromiss: Washington verzichtet darauf, dass die Genfer Vereinbarung einen Automatismus für Gewaltanwendung beinhaltet, sollte Syriens Machthaber Assad die Chemiewaffen-Abrüstung behindern. Russland stimmt dafür harten Auflagen für Damaskus zu, darunter einer Frist für die Offenlegung der Waffenarsenale von nur sieben Tagen.

Und die Anwendung von Gewalt nach Kapitel VII der UN-Charta wird zumindest erwähnt — wenngleich verknüpft mit der Bedingung einer Zustimmung des UN-Sicherheitsrates, in dem Moskau als Veto-Macht alles verhindern kann.

Schon am ersten Abend ihrer Verhandlungen hatten die Minister allen ihre Bereitschaft zum Kompromiss vor Augen geführt. Denn es war wohl kein Zufall, dass Kerry und Lawrow sich zum gemeinsamen Dinner ausgerechnet an den am besten für die Kameraleute von außen einsehbaren Tisch des Hotelrestaurants setzten.

Die Körpersprache, die freundschaftlichen Berührungen an Armen und Schultern, das Lachen, aber auch das ernste gegenseitige Zuhören zeigten der Welt: Hier sitzen zwei Männer, die auf gleicher Augenhöhe reden. Männer, die Abmachungen, wenn sie einmal erreicht sind, auch einhalten wollen.