Taiwans Präsident wiedergewählt: VR erwartet Tauwetter

Taipeh/Peking (dpa) - Die Wiederwahl von Taiwans Präsident Ma Ying-jeou ebnet den Weg für einen Ausbau der schwierigen Beziehungen zum kommunistischen Wirtschaftsriesen China. Der Wahlsieg beseitigt auch die Gefahr neuer Spannungen in dem sechs Jahrzehnte alten Krisenherd in Asien.

Mit einer klaren Mehrheit erteilten die Wähler dem 61 Jahre alten Präsidenten den Auftrag, seine seit 2008 verfolgte wirtschaftliche Annäherung gegenüber China vorsichtig fortzusetzen.

„Danke, dass Ihr mir Eure Unterstützung für weitere vier Jahre gebt, um die nötigen Veränderungen für Taiwan abzuschließen“, sagte der Präsident am Samstag in seiner Siegesrede vor Anhängern, die ihn trotz heftigen Regens vor dem Parteisitz in Taipeh begeistert feierten. „Ich werde Euch nicht enttäuschen.“ Seine Kuomintang-Partei konnte auch wieder die Mehrheit im Parlament gewinnen.

China begrüßte den Wahlsieg, der „neue Möglichkeiten“ für die Zusammenarbeit biete. Das Taiwanamt des Staatsrates in Peking versprach, auf der Grundlage des „Konsens von 1992“ mit Taiwan zusammenarbeiten zu wollen. Mit dieser Übereinkunft erkennen beide Seiten an, dass es nur ein China gibt, erlauben aber, dass sie etwas anderes darunter verstehen. Die Führung in Peking betrachtet Taiwan nur als abtrünnige Provinz und droht mit einer Rückeroberung.

China verhehlte nicht die Differenzen, die es zu lösen gelte. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua warnte, dass Unabhängigkeitskräfte in Taiwan die Beziehungen auch in Zukunft weiter belasten könnten. Die Staatsagentur begrüßte, dass die Oppositionskandidatin Tsai Ing-wen, deren Demokratische Fortschrittspartei (DPP) in der Unabhängigkeitsbewegung verwurzelt ist, die Wahl verloren hat.

Die USA, die sich der Verteidigung der jungen Demokratie verpflichtet fühlen, gratulierten dem Präsidenten. „Wir teilen mit dem taiwanesischen Volk das große Interesse an einer Fortsetzung von Frieden und Stabilität“, teilte das Außenministerium in Washington mit. Die oberste europäische Außenpolitikerin, Catherine Ashton, begrüßte die Verbesserung der Beziehungen zu China unter Ma Ying-jeou: „Ich hoffe, dass sich dieser Trend fortsetzt.“

Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) gratulierte dem Präsidenten. Die Bundesregierung begrüße die Fortschritte in den Beziehungen zwischen Taiwan und China und hoffe, dass durch Dialog die Entspannungspolitik fortgesetzt werde. „Die Aufrechterhaltung von Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße hat für uns höchste Priorität.“ Der Ablauf der Wahl habe erneut den hohen Stand von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Taiwan gezeigt.

Mit leichten Verlusten sicherte sich die Regierungspartei im Parlament weiter die Mehrheit mit 64 (bisher: 72) der 113 Sitze. Die Fortschrittspartei legte auf 40 Abgeordnete (bisher: 32) zu. Erstmals wurden Präsident und Parlament gleichzeitig gewählt. Die Volkspartei (PFP) des chancenlosen dritten Präsidentschaftskandidaten James Soong erzielte nur drei Sitze. Der Rest verteilt sich auf andere kleine Parteien und einen unabhängigen Abgeordneten.

Der Präsident gewann nach Angaben der Wahlkommission mit 51,6 Prozent der Stimmen. Seine Herausforderin kam auf lediglich 45,6 Prozent. Der Vorsprung von Ma Ying-jeou betrug fast 800 000 Stimmen - mehr als von der Regierungspartei selbst erwartet. Soong erreichte nur 2,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung, die in Taiwan traditionell hoch ist, betrug 74 Prozent der 18 Millionen Wahlberechtigten.

Als Konsequenz aus der Niederlage trat Tsai Ing-wen vom Vorsitz ihrer Partei zurück. Wahlbeobachter werteten ihr Abschneiden aber als beachtlich. Die Rechtsprofessorin war auf Distanz zu China gegangen und hatte die eigene politische Identität Taiwans betont. Auch lehnt sie den „Konsens von 1992“ ab. Ihr starkes Ergebnis spiegelt das Unbehagen vieler Taiwanesen über einen möglichen Ausverkauf der jungen Demokratie an das mächtige China wider.