Ukraine: „Wir werden nie mehr im selben Land leben“
Die pro-russischen Kräfte geben nicht auf. Die Übergangsregierung in Kiew hat für sie keine Autorität.
Donezk. Aufgeben kommt für die pro-russischen Separatisten in der Ost-Ukraine auch nach der Vereinbarung von Genf nicht infrage. „Wir werden die Waffen nicht abgeben — die Junta in Kiew hat uns den Krieg erklärt“, schimpft ein maskierter Mann in Uniform. Drohend schwingt Andrej, so nennt er sich, vor dem besetzten Gebäude der Gebietsverwaltung von Donezk seinen Knüppel. Schuld an der Eskalation habe allein die pro-westliche Führung in Kiew, sagt er. Ein Kompromiss sei nicht mehr möglich. „Wir werden nie mehr im selben Land leben wie die West-Ukrainer. Wir sind unterschiedliche Menschen“, betont Andrej.
Strahlend blau scheint der Himmel über der Millionenstadt Donezk an diesem Karfreitag. Das besetzte Verwaltungsgebäude, das die moskautreuen Aktivisten nach der Genfer Vereinbarung räumen sollen, ist weiter mit hohen Barrikaden und Stacheldraht abgesichert. Junge Frauen haben sich russische Fahnen um die Schultern geschlungen und posieren strahlend mit martialisch gekleideten Wachen.
Miroslaw Rudenko, der Chef der örtlichen „Volksmiliz“, sieht seine Kämpfer nicht in der Pflicht zum Abzug. Die Erklärung von Genf? „Das betrifft uns nicht“, sagt er. Gemeint seien die illegal besetzten Gebäude in Kiew. Nach den pro-westlichen Protesten und dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch erkennen die Aktivisten in Donezk die neue Regierung nicht an.
Innen gibt die selbst ernannte Führung der fiktiven Volksrepublik Donezk (DNR) eine Pressekonferenz. Maskierte haben sich aufgebaut hinter Möchtegern-Regierungschef Denis Puschilin, der zuvor als Unternehmer in zwielichtige Finanzgeschäfte verwickelt gewesen sein soll. Seine Tirade gipfelt darin, Interimspräsident Alexander Turtschinow und der von ihm ernannte Regierungschef Arseni Jazenjuk müssten zurücktreten.
Die pro-russischen Kräfte sehen sich im Aufwind. Ihre fragwürdige Volksrepublik Donezk besteht zwar weiter nur aus wenigen Gebäuden. Aber in immer mehr Städten im Südosten der Ex-Sowjetrepublik weht die schwarz-blau-rote Fahne der Separatisten mit dem russischen Doppeladler in der Mitte.
Nördlich von Donezk sind etwa die Städte Slawjansk und Kramatorsk weitgehend unter ihrer Kontrolle. Dabei sollten ukrainische Regierungseinheiten gerade hier mit einem „Anti-Terror-Einsatz“ die Hoheit zurückerobern.
Aber die Moral der ukrainischen Truppe ist gering, die Bezahlung und die Ausrüstung sind desaströs. Ihr gegenüber stehen gut organisierte und mit modernen Sturmgewehren bewaffnete Aktivisten — nach eigener Aussage sind es Selbstverteidigungskräfte.