Ungarn gibt nach: Einigung mit EU zu Mediengesetz
Brüssel/Budapest (dpa) - Das ungarische Mediengesetz sorgte für vergiftete Beziehungen zwischen Brüssel und Budapest. Ungarn gibt nun nach und ändert mehrere Vorschriften. Die EU-Kommission ist zufrieden und signalisiert: Kein Verfahren gegen die Regierung von Viktor Orban.
„Wir begrüßen die Ergänzungen, die die ungarische Regierung zugesagt hat“, sagte die verantwortliche EU-Kommissarin Neelie Kroes am Mittwoch in Brüssel. Ein zunächst angedrohtes Verfahren wegen Verletzung des EU-Vertrags ist damit erst einmal vom Tisch. Die Regierung in Budapest kündigte an, dass die Änderungen schon bald dem Parlament vorlegt werden. Der Streit hatte den Auftakt der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft zu Jahresbeginn überschattet.
Budapest ist nach Brüsseler Angaben bereit, ausländische Medienkonzerne von Geldbußen und dem Zwang zur Registrierung unter bestimmten Bedingungen zu befreien. Die Kommission hatte beanstandet, das Mediengesetz verstoße gegen die audiovisuelle Richtlinie der EU.
Weitere Kritikpunkte waren die Registrierungspflicht für Medien sowie die Auslegung des Begriffs „Ausgewogenheit“. Zudem hatte Brüssel Zweifel an der Bestimmung geäußert, wonach Medieninhalte keinen „Anstoß“ erregen dürfen. Diese Vorschrift soll künftig nur noch im Fall von Aufstachelung zu Hass oder Diskriminierung gelten.
Die Änderungsvorschläge könnten schon in zwei Wochen dem ungarischen Parlament vorgelegt werden, erklärte die Regierung in Budapest. Alle Beanstandungen der EU-Kommissarin konnten ausgeräumt werden, ohne dass dies die ursprünglichen Absichten, die die Regierung mit diesem Gesetz verfolgt habe, berühre, sagte der Regierungssprecher. Die sozialistische Oppositionspartei MSZP verlangt weiterhin, dass die Regierung das Mediengesetz zurückzieht.
Kritiker sehen in dem Gesetz einen Eingriff in die Pressefreiheit. Angesichts der Zusicherungen erwartet die EU-Kommission, dass Ungarn sein Mediengesetz nun mit den EU-Vorschriften und der Grundrechte-Charta in Einklang bringt.
Brüssel hatte mit rechtlichen Schritten und einem Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge gedroht. Dann hätte am Ende der Europäische Gerichtshof (EuGH) Ungarn zur Umsetzung des EU-Rechts gezwungen. Für den Moment gebe es keinen Grund für ein Verfahren wegen Vertragsverletzung, sagte ein Sprecher von Kroes.
Nicht im Fokus der EU-Kritik stand die umstrittene Besetzung der Medien-Kontrollbehörde, die potenziell ruinöse Strafen für inhaltlich als falsch eingestufte Berichterstattung verhängen kann. Die Chefin dieser Behörde wurde von Regierungschef Orban ernannt. Der beigeordnete Medienrat ist ausschließlich mit Mitgliedern der regierenden rechtskonservativen Partei Fidesz besetzt.
Der Kroes-Sprecher sagte dazu, die Kommission erwarte die Unabhängigkeit der Behörde. „Wir sagen aber nicht, wie diese Unabhängigkeit definiert werden soll.“ Wie aus Kommissionskreisen verlautete, sah die EU-Behörde keine Möglichkeit, Ungarn in diesem Punkt Vorgaben zu machen.