US-Gesandter: Nordkoreas Atomanlage ist Provokation

Seoul (dpa) - Die neue nordkoreanische Atomanlage zur Urananreicherung ist aus Sicht der USA eine Provokation, löst aber noch keine Krise aus. Das sagte der US-Sonderbeauftragte für die Nordkorea-Politik, Stephen Bosworth, am Montag in Seoul.

Das Streben des kommunistischen Landes, Uran anzureichern, hätten die USA seit Jahren „beobachtet und analysiert“. Südkoreas Verteidigungsminister Kim Tae Young deutete indes an, mit Washington über die Möglichkeit reden zu wollen, erneut nukleare Gefechtswaffen der USA in seinem Land aufzustellen. Südkorea steht bereits unter dem „atomaren Schutzschirm“ seines Bündnispartners.

Erst am Vortag war die Existenz der neuen Anlage in Nordkorea öffentlich bekanntgeworden. Die USA verdächtigen Nordkorea, als Teil seines umstrittenen Atomprogramms auch ein Programm zur Urananreicherung für den Bombenbau zu verfolgen. Uran kann je nach Grad der Anreicherung zivil oder militärisch genutzt werden.

Bosworth kritisierte Nordkoreas Vorgehen als „weiteren (Zug) in einer Serie von provokativen Zügen“. „Aber das ist keine Krise, wir sind nicht überrascht“, sagte er nach Gesprächen mit südkoreanischen Regierungsvertretern. Die USA hätten mit diesem „sehr schwierigen Problem“ bereits seit fast 20 Jahren zu tun gehabt.

Der US-Atomwissenschaftler Siegfried Hecker hatte in einem Interview der „New York Times“ (Sonntag) geschildert, dass Nordkorea heimlich und relativ schnell eine Urananlage gebaut habe. Bei einem Besuch der Anlage in Nordkorea am 12. November habe er „Hunderte und Aberhunderte“ neu installierter Gaszentrifugen gesehen. Hecker sagte, er sei sprachlos und verblüfft gewesen.

Bosworth betonte, die USA hofften weiter auf eine Wiederaufnahme der Mehrparteiengespräche über das nordkoreanische Atomprogramm. Nordkorea müsse aber konkrete Entscheidungen zur Denuklearisierung treffen. Pjöngjang hatte zuletzt seine Bereitschaft zur Fortsetzung der im April 2009 abgebrochenen Sechs-Länder-Gespräche erklärt, jedoch keine konkreten Zusagen gemacht. An den Gesprächen nehmen auch China, Südkorea, Japan und Russland teil.

Die Enthüllung der Urananlage habe bei Seoul und Washington „ernsthafte Besorgnis“ ausgelöst, sagte Südkoreas Verteidigungsminister laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap. Auf die Frage, ob die Wiedereinführung von taktischen Kernwaffen der USA erwogen werden könne, habe Kim geantwortet: „Die Regierung werde genau das, was Sie ansprechen, überprüfen.“ Eine solche Option könne im Rahmen des Treffens eines gemeinsamen Komitees zur Abschreckungspolitik im Dezember angesprochen werden. Die USA hatten 1991 verkündet, dass alle Nuklearwaffen aus Südkorea abgezogen worden seien.

Das Verteidigungsministerium in Seoul relativierte unterdessen Kims Worte. Die Bemerkungen des Ministers müssten in dem Kontext gesehen werde, dass bei dem Komiteetreffen mit den USA alle Optionen gegen Nordkoreas nukleare Bedrohungen überprüft werden können, hieß es in einer Erklärung.