Venezuelas Opposition prangert Wahlbetrug an

Caracas (dpa) - Der hauchdünne Wahlsieg der Chavistas hat die Gräben zwischen Regierung und Opposition in Venezuela vertieft. Beide Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die einen sprechen von legitimem Sieg, die anderen von Wahlbetrug.

In Venezuela beginnt die Ära nach Hugo Chávez mit einem erbitterten Grabenkampf zwischen Wahlsiegern und Opposition. Zwar konnte sich der Wunschnachfolger des vor sechs Wochen gestorbenen „Comandante“ durchsetzen. Aber der sozialistische Interimspräsident Nicolás Maduro gewann nur mit einem hauchdünnen Vorsprung von weniger als zwei Prozentpunkten oder rund 235 000 Stimmen.

Die Opposition verwies auf Unregelmäßigkeiten, sprach von einem „illegitimen“ Sieg und erkennt das Resultat vorerst nicht an. Maduro sieht sich dagegen als verfassungsmäßig gewählter Nachfolger von Chávez und will dessen Revolution fortsetzen.

Der 50-jährige ehemalige Außenminister sagte, er habe am Sonntag einen Sieg errungen, der „gerecht, legal, verfassungsmäßig und öffentlich“ sei. Chávez bleibe unbesiegt und gewinne weiter Wahlen. „Viva Chávez, Viva Venezuela“, rief er in der Nacht zum Montag tausenden Anhängern vor dem Präsidentenpalast Miraflores zu. „Ich habe gestern und heute gesagt: Wenn ich mit einer Stimme mehr gewinne, habe ich gewonnen; wenn ich mit einer Stimme weniger verliere, gebe ich sofort aus Respekt vor der Verfassung das Amt ab.“ Der Wähler habe nun entschieden.

Nach Angaben der Wahlbehörde CNE kam Maduro nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen auf 50,66 Prozent. Für Henrique Capriles Radonski stimmten 49,07 Prozent. Fast 19 Millionen waren zur Stimmabgabe aufgerufen, die Wahlbeteiligung lag bei 78,71 Prozent. Der unterlegene Einheitskandidat der Opposition machte klar, dass er das Ergebnis nicht anerkennen werde. Capriles führte als Begründung über 3000 Hinweise auf Unregelmäßigkeiten am Wahltag an und forderte eine rigorose Neuauszählung jeder einzelnen Stimme.

Der 40-jährige Gouverneur von Miranda, der Chávez bei der Wahl im Oktober 2012 mit 44 zu 55 Prozent unterlag, betonte: „Ich sage dem Regierungskandidaten: Der Besiegte des heutigen Tages sind Sie. Sie sind der Besiegte, Sie und Ihre Regierung.“ Im Oktober hatte Capriles seine Niederlage unumwunden eingeräumt. Diesmal betonte er: „Ich paktiere weder mit der Lüge noch mit der Korruption.“ Maduro war mit einem Umfrageplus von bis zu 20 Prozentpunkten in die Wahl gegangen.

Die oppositionelle Zeitung „TalCual“ titelte am Montag: „Ein Sieg unter Verdacht.“ Deren Chef Teodoro Petkoff schrieb in seinem Leitartikel von einem „gefälschten Sieg“, der zeige, dass das Land heute mehr denn je in zwei gleiche Hälften geteilt sei. Der staatliche Fernsehsender VTV feierte hingegen den Sieg des „Chávez-Sohnes“ und die staatliche Nachrichtenagentur AVN titelte: „Das Volk von Chávez bleibt unbesiegt.“

Der Sozialist Maduro war einer der engsten Weggefährten von Chávez, der am 5. März nach langer Krebskrankheit starb. Von 2006 bis 2012 war Maduro Außenminister, dann Vizepräsident und nach dem Tod von Chávez Interimspräsident. Der Gewerkschafter und frühere Busfahrer tritt ein schwieriges Erbe an. Zwar gehört Venezuela weltweit zu den Ländern mit den größten Erdölreserven. Doch hat das Land mit einer hohen Inflationsrate von über 20 Prozent, einer zum Teil maroden Infrastruktur und hoher Kriminalität zu kämpfen.

Maduros Mandat dauert bis 2019. Seine Amtseinführung ist für diesen Freitag geplant. Glückwünsche kamen von befreundeten Regierungen. „Ruhm für das tapfere venezolanische Volk, das das Joch besiegt hat. (...) Venezuela kehrt nie mehr in die Vergangenheit zurück“, twitterte Ecuadors Staatschef Rafael Correa. Auch Kremlchef Wladimir Putin und Kubas Präsident Raúl Castro gratulierten dem Wahlsieger. „Im Namen der Regierung und des kubanischen Volks gratuliere ich Dir zu diesem bedeutenden Triumph, der die Stärke der Ideen und des Werks von Comandante Hugo Chávez zeigt“, schrieb Castro.