Verteufelung Schröders kommt zu früh
Tatsächlich lässt sich streiten: Über die Bilder einer Umarmung, über eine Geburtstagsfeier mit Putin — zur Unzeit. Aber: Man darf ein hohes Maß an Intelligenz bei dem Altkanzler vermuten, dessen Sicht auf Russland sich von der zu häufig populistischen Haltung der deutschen Öffentlichkeit seit jeher unterschieden hat.
Schröder hat oft betont, dass Russlands Weg hin zu einer Demokratie noch brauchen wird. Wie das auch hierzulande Zeit benötigt hat. Dass er dabei russische Mentalitäten berücksichtigt, mag verschreckend wirken, kann aber strategisch den Zugang zu Putin erleichtern, den andere längst verloren haben oder nie hatten. Konfrontation ist — und das ist vielfach ausgeführt — der sichere Weg zur Eskalation. Zuerst aus Umarmung kann Einfluss entstehen. Die Verteufelung von Schröders Rolle kommt zu früh, der Altkanzler weiß um seine Chance. Und die liegt nicht darin, Putins Streben nach Hegemonie zu stützen.