Künftig bis zu 1300 Soldaten Von der Leyen will Afghanistan-Truppe aufstocken
Brüssel/Berlin (dpa) - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) plant eine deutliche Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen sich künftig bis zu 1300 deutsche Soldaten an der Ausbildungsmission der Nato beteiligen. Das sind rund ein Drittel mehr als heute. Das aktuell gültige Bundestagsmandat erlaubt lediglich den Einsatz von 980 Soldaten. Derzeit sind 963 Soldaten dort stationiert.
Grund für die Planungen von der Leyens sind das Wiedererstarken der radikalislamischen Taliban und die Ausbreitung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Afghanistan. Die Nato-Staaten hatten sich deswegen bereits im vergangenen Jahr darauf geeinigt, künftig deutlich mehr Bündnistruppen für die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte bereitzustellen. Insgesamt soll die Zahl der Soldaten von derzeit rund 13.000 auf knapp 16.000 steigen. Eine Rückkehr zu Kampfeinsätzen, die die Nato bis 2015 durchgeführt hatte, bleibt ausgeschlossen. Im Rahmen der Mission Resolute Support (RS) dürfen Nato-Soldaten nur trainieren, assistieren und beraten.
56 Bundeswehr-Soldaten sind in Afghanistan seit 2002 ums Leben gekommen - das macht die Mission zur verlustreichsten in der Geschichte der Truppe. Früher waren zeitweise mehr als 5000 deutsche Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Die Bundeswehr hatte ihren Kampfeinsatz in Afghanistan 2013 beendet und ist nun noch zur Ausbildung und Beratung der afghanischen Streitkräfte im Land. Deutsche Soldaten dürfen nur zur Waffe greifen, um extreme Gefahr von sich und Verbündeten abzuwenden.
Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich deutlich verschlechtert. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind überfordert - und die Nato-Ausbildungsmission gilt als zu klein. Wegen der anhaltenden Angriffe der aufständischen Taliban wuchs auch der Druck innerhalb der Nato auf Deutschland als einen der größten Truppensteller. Mit der neuen Obergrenze entfernt man sich weiter vom Ziel eines kompletten Abzugs aus Afghanistan.
Die Aufstockung der Afghanistan-Truppe war bereits vor den Koalitionsgesprächen von Verteidigungsministerin von der Leyen und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) befürwortet worden. Deutschland hatte wegen der unklaren politischen Situation nach der Bundestagswahl aber zunächst keine festen Zusagen gemacht. Eine richtige Planungsgrundlage für das Verteidigungsministerium gab es erst durch den Anfang Februar geschlossenen Koalitionsvertrag. Darin haben CDU, CSU und SPD grundsätzlich festgelegt, die Zahl der eingesetzten Soldaten zu erhöhen.
Die meisten deutschen Soldaten sind in Masar-i-Scharif im Norden des Landes stationiert. Nur wenige Dutzend sind für die Beratung und Ausbildung der afghanischen Streitkräfte abgestellt. Die anderen kümmern sich um die Verwaltung der Ausbildungsmission. Die Berater werden von Schutzkräften begleitet, an denen es offenbar mangelt.
Konkret soll die Truppenaufstockung vor allem dafür sorgen, dass mehr Schutzkräfte für die Ausbilder zur Verfügung stehen. In der Vergangenheit konnten zahlreiche Ausbildungseinsätze nicht durchgeführt werden, weil die für den Schutz der Trainer benötigten Soldaten fehlten.
Wegen der Hängepartie bei der Regierungsbildung hatte der Bundestag die Afghanistan-Mission und sechs weitere Einsätze im Dezember vorläufig um drei Monate verlängert, um außenpolitische Kontinuität zu gewährleisten. Das neue Mandat für den Afghanistan-Einsatz soll nach Informationen der dpa am kommenden Mittwoch im Kabinett beschlossen werden und dann möglichst bis Ende März auch die notwendige Zustimmung des Bundestags bekommen.
Geplant ist, zugleich auch die Mandate für die Bundeswehreinsätze in Mali (Minusma), im Mittelmeer (Sea Guardian), im Sudan und für die Beteiligung der Bundeswehr im Kampf gegen den Islamischen Staat zu verlängern - beziehungsweise an neue Erfordernisse anzupassen. In Mali beteiligen sich knapp 980 Soldaten an einer UN-Friedensmission. Dort soll die Truppe laut Koalitionsvertrag „im geringen Umfang“ aufgestockt werden. Der Einsatz in dem westafrikanischen Land gilt als derzeit gefährlichster der Bundeswehr.