„Wenn nötig, werden wir auch sterben“
Die Gewalt explodiert: Auf dem Kairoer Tahrir-Platz spielen sich Szenen des Grauens ab.
Kairo. Wie ein Schlachtfeld wirkt der Tahrir-Platz im Zentrum Kairos. Übernächtigte Männer mit vom Blut verfärbten Verbänden laufen zwischen aufgerissenem Straßenpflaster umher, dessen Steine als Wurfgeschosse dienen. Junge Männer legen die Steine auf Haufen zusammen und prüfen die Gummibänder ihrer Steinschleudern. Einige von ihnen haben in der Nacht Anhänger von Staatschef Husni Mubarak gefangen genommen, sie übergeben sie den Soldaten. „Das Volk will die Hinrichtung des Schlächters“, skandieren einige.
Wer auf den Platz der Befreiung, wie Tahrir-Platz übersetzt heißt, gelangen will, muss Barrikaden aus Wellblech und ausgebrannten Autos passieren. „Willkommen in der freien Stadt“, ruft ein junger Mann in roter Weste mit angespannten Gesichtszügen.
Der Platz ist zum Symbol für den Aufstand des ägyptischen Volkes geworden. Seit Mittwoch ist er der Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen von Anhängern und Gegnern der Regierung. Ärzte berichten von zahlreichen Toten und Verletzten. „Wir haben mehr als tausend Verletzte behandelt“, sagt der sichtlich erschöpfte Amr Bahaa. Er behandelt die Opfer in einer zur Krankenstation umfunktionierten Moschee am Tahrir-Platz. Dutzende Verletzte liegen hier neben den müden Helfern.
Am Nachmittag sind nahe des Tahrir-Platzes wieder Schüsse zu hören. Der 30 Jahre alte Mohammed Adil lässt sich davon nicht einschüchtern, er will den Platz nicht verlassen. „Alle hier sind verletzt, aber wir werden bleiben“, sagt er. „Wir erwarten, dass uns weitere Menschen unterstützen werden. Und wenn es nötig ist, werden wir auch sterben.“