Zweifel an Syrienkonferenz wachsen

Damaskus/Paris (dpa) - Je länger über die geplante Syrienkonferenz geredet wird, desto mehr Zweifel kommen allein an ihrem Zustandekommen auf. Erst war von Ende Mai die Rede, dann vom Juni, und jetzt wird der Juli genannt.

Derweil geht das Töten weiter.

Nach Einschätzung der französischen Regierung können die von den USA und Russland initiierten Friedensgespräche in Genf vermutlich erst im Juli organisiert werden; ursprünglich war Ende Mai angestrebt worden. Auch die Teilnahme der syrischen Opposition ist noch nicht sicher, da diese ein Ende der Angriffe auf die Ortschaft Al-Kusair und den Abzug der Hisbollah-Truppen fordert.

Die Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad setzten trotz aller westlichen Appelle wegen der katastrophalen Lage der eingeschlossenen Zivilisten ihre Offensive gegen die Aufständischen in Al-Kusair fort. Der Ort nahe der libanesischen Grenze ist strategisch bedeutsam, weil er am Kreuzweg der Nachschubwege beider Seiten liegt. Außenminister Walid Al-Muallim versprach laut staatlicher Nachrichtenagentur Sana UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bei einem Telefonat, dass Rotes Kreuz und Roter Halbmond Zugang in die umkämpfte Kleinstadt erhalten sollen. Allerdings erst dann, wenn die Militäroperationen dort beendet seien.

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sagte, die Frist bis zu einer Syrienkonferenz in Genf noch in diesem Monat komme für die syrische Opposition „zu kurz“. Die Opposition benötige noch Zeit zur Bestimmung ihrer Vertreter, sagte Fabius am Sonntag im Interview der Sender Europe 1 und i-télé sowie der Zeitung „Le Parisien“.

Zweifel am Zustandekommen der Syrienkonferenz äußerte am Sonntag der deutsche Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger. „Um der geplanten Konferenz in Genf überhaupt eine Chance zu geben, müssen jetzt beide Konfliktparteien davon überzeugt werden, dass Genf ihre einzige und beste Option ist“, schrieb der Leiter der Münchener Sicherheitskonferenz in einem Beitrag für das Magazin „Focus“.

Die EU und die USA sollten „gemeinsam deutlich machen, dass sie etwa zur Errichtung einer Flugverbotszone bereit sind, falls das Assad-Regime in Genf nicht ernsthaft verhandelt“, schrieb der frühere Außenamts-Staatssekretär. Den Europäern warf Ischinger Zaudern vor. „Europa läuft Gefahr, als Mitgestalter im Friedensprozess vollends abzudanken.“

Rund um Al-Kusair dauerten die Gefechte am Wochenende an. Nach Angaben von Helfern sind Hunderte schwer verletzte Zivilisten von jeder medizinischen Versorgung abgeschnitten. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) appellierte an die Konfliktparteien, Nothelfern den Zugang zu der Ortschaft ohne Vorbedingungen zu ermöglichen. Freiwillige des Syrischen Roten Halbmondes stünden dafür bereit, heißt es in einer in Genf veröffentlichten Mitteilung des IKRK.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte eine Waffenruhe in Al-Kusair, um dort eine humanitäre Versorgung zu ermöglichen. Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief die Konfliktparteien dringend auf, Hilfsorganisationen einen sicheren Zugang zu gewähren. Es müsse möglich sein, Verletzte und Zivilisten aus der Kleinstadt zu bringen.

Libanesische Medien berichteten von Gefechten zwischen Hisbollah-Kämpfern und Milizionären der dschihadistischen Al-Nusra-Front aus Syrien im Libanon. Letztere hätten versucht, in der Bekaa-Ebene Raketenabschussrampen aufzustellen, hieß es. In der grenznahen Region hat die schiitische Hisbollah zahlreiche Unterstützer. Der den Schiiten nahestehende TV-Sender NBN berichtete, dass insgesamt 17 Kämpfer der Al-Nusra-Front getötet, festgenommen oder verletzt worden seien.

Bei einem Bombenanschlag nahe einer Polizeiwache in der syrischen Hauptstadt Damaskus sind nach Angaben von Aktivisten acht Sicherheitskräfte getötet worden. Demnach detonierte eine Autobombe in dem östlichen Viertel Dschobar, wo sich Rebellen und Regierungstruppen seit Monaten Gefechte liefern. Der Aufstand gegen Assad hat seit seinem Beginn im März 2011 mehr als 80 000 Menschen das Leben gekostet.