Landtag Ausschuss auf Spurensuche

Bei der Debatte im NRW-Landtag um die Einsetzung des Ausschusses zu der Kölner Silvesternacht hielt die Harmonie nicht.

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Düsseldorf. Lange Zeit sieht es so aus, als könnten sich die Abgeordneten des Düsseldorfer Landtags jede parteipolitische Spitze verkneifen. In der Debatte um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Gewaltexzesse gegen Frauen in der Kölner Silvesternacht wollen sich die Politiker offenbar nicht neuen Vorwürfen aussetzen. Vorwürfen, dieses parlamentarische Instrument machtpolitisch missbrauchen zu wollen. Das geht so lange gut, bis die Piraten an die Reihe kommen und ihr Redner dafür sorgt, dass die Debatte in genau diese Richtung abdriftet.

Der CDU-Abgeordnete Peter Biesenbach, der den Ausschuss leiten wird, ist sichtlich um Sachlichkeit bemüht, als er das Ziel des Gremiums umreißt: „Die vorrangigste Aufgabe ist, das Vertrauen wiederherzustellen oder zu sichern, dass der Rechtsstaat sich auch in Nordrhein-Westfalen keine Auszeit nehmen kann.“ Ziel sei es herauszufinden: Wo waren die Pannen, um eben daraus zu lernen. So etwas dürfe sich nicht wiederholen.

Auch Marc Lürbke (FDP) bezeichnet es als Ziel des Ausschusses, das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat schnellstmöglich wiederherzustellen. Das müsse man durch lückenlose Aufarbeitung der Geschehnisse leisten.

Der SPD-Abgeordnete Hans-Willi Körfges mahnt, der Untersuchungsausschuss sei weder „Ort für parteipolitisches Kalkül“ noch für „Vorwahlkampf“. Für die Grünen betont Matthi Bolte, die Aufklärung der Silvester-Übergriffe sei man den Frauen, aber auch den Flüchtlingen schuldig. „Die Menschen dürfen jetzt nicht einem Generalverdacht ausgesetzt werden“, sagt Bolte.

So weit, so sachlich und zurückhaltend. Doch dann kommt Michele Marsching, Fraktionschef der Piraten: „Wir brauchen diesen Untersuchungsausschuss nicht“, sagt er. „Wir brauchen keinen erneuten Missbrauch des Leids der Opfer zu Wahlkampfzwecken. Wir Piraten sagen: Jäger muss weg.“ Der Innenminister müsse Platz machen für etwas Neues. Ein Untersuchungsausschuss verzögere nur die politischen Konsequenzen, die das Land jetzt brauche. „Punkt. Aus. Staatsmännischer Abgang“, empfiehlt er Innenminister Ralf Jäger (SPD), der selbst gar nicht in die Debatte eingreift.

Die Piraten lehnen den Ausschuss zwar ab, wollen aber gleichwohl mitmachen. Und dann baut sich der Piratenchef ganz groß auf: „Wir werden die Opfersicht einnehmen. Seien sie sicher. Die Opfer werden eine Stimme haben!“

Das treibt der SPD-Abgeordneten Britta Altenkamp die Zornesröte ins Gesicht. Sie nennt die Worte Marschings „missbräuchlich und anmaßend“: Wenn er sich hinstelle und sage, die Piraten seien „sozusagen der Arm der Opfer in diesen parlamentarischen Untersuchungen, dann ist das ein erneuter Missbrauch der Opfer. Das ist unerhört.“ Die Opfer brauchten die Unterstützung durch Beratungsstellen. Durch Menschen, die ihnen helfen, die Vorkommnisse des Abends zu überwinden. Gewandt an die Bank der Piraten sagt sie: „Ganz sicher brauchen die Opfer Ihren Missbrauch und Ihre Demütigung in diesem Haus nicht.“ Die Opfer dürften kein Vehikel der Parteienauseinandersetzung sein.

Ob insbesondere die Oppositionsparteien im Laufe der nächsten Monate — angesetzt ist der Ausschuss bis zum Herbst — der Versuchung widerstehen, parteipolitische Interessen in den Aufklärungsprozess einfließen zu lassen, ist indes zweifelhaft. Und hoch, sehr hoch gesteckt erscheint das Ziel, das die CDU-Abgeordnete Ina Scharrenbach formuliert. Sie wünsche sich, dass am Ende stehe, „dass wir den Opfern und allen Frauen in NRW das Lebensgefühl und die Freiheit wiedergeben, die dieses Land verdient.“