Türkisch-Islamische Union Beck (Grüne): Ditib-Freitagspredigt ist ein „politisches Machwerk“

Köln. In der ersten Freitagspredigt nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei hat die Türkisch-Islamische Union (Ditib), die mit rund 900 Vereinen die meisten Moscheen in Deutschland betreibt, die türkischstämmigen Muslime unter der Überschrift "Unser Volk hat sich für seine Zukunft eingesetzt“ auf den Kurs von Staatspräsident Erdogan gegen die Gülen-Bewegung eingeschworen.

Die von Ditib betriebene Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld.

Foto: Eppinger

In dem Predigt-Text, der auf der Internetseite der Kölner Ditib-Zentrale einsehbar ist, heißt es unter anderem: "Diese dem eigenen Volk zugefügte Behandlung der amoklaufenden Junta wird seitens des Volkes sicherlich nicht vergessen werden und die Teilhaber dieses fürchterlichen Versuchs werden immer verurteilt werden.“

Volker Beck, religionspolitischer Sprecher der Grünen, kritisierte die Predigt als "nationalistisches politisches Machwerk“ und "eine einzige Instrumentalisierung der Religion für politische Zwecke“. Die Predigt trage den politischen Konflikt aus der Türkei in die muslimischen Gemeinden nach Deutschland. Beck: "Das ist gefährlich und stört den inneren Frieden der Bevölkerung in Deutschland, zu der eben auch viele Türken und Kurden muslimischen oder alevitischen Glaubens gehören. Die Religionsfreiheit und die bürgerlichen und politischen Rechte aller Menschen hier im Land werden wir auch gegen türkische Nationalisten verteidigen!“

Der Berliner Islamismus-Experte Ahmad Mansour sagte der „Allgemeinen Zeitung“ in Mainz: „Was Erdogans Anhänger da predigen, hat den Unterton von Verschwörungstheorie und Beschwörung von Feindbildern.“ Für ihn komme in diesen Worten „ein völlig verqueres Verständnis von Demokratie zum Ausdruck: Die Rechtsstaatlichkeit wird mit Füßen getreten.“ Er mache sich große Sorgen, dass die Gläubigen benutzt werden von Menschen, „die Moscheen als Instrumente zur Zementierung der Machtverhältnisse in der Türkei missbrauchen“, so Mansour laut AZ.

Der Ditib-Dachverband in Köln steht unter direktem Einfluss des türkischen Religionsministeriums Diyanet, das seit der AKP-Herrschaft in Ankara auf den Kurs des türkischen Staatspräsidenten gebracht worden ist. Die Ditib-Imame werden von der Türkei ausgewählt, ausgebildet und bezahlt. Die Predigt-Texte, wie auch der vom Freitag, werden ihnen vorgegeben. Die Vorgaben macht angeblich Erdogan selbst. "Wer noch in den Religionsministerien der Länder Zweifel hatte, ob die Ditib eine Religionsgemeinschaft oder nur ein politisch-religiöser Verein ist, dem wird dieser Text wohl hoffentlich jetzt die Augen öffnen“, so Beck.

Damit wendet Beck sich ausdrücklich an die CDU in NRW: Deren integrationspolitische Sprecherin und Kölner Landtagsabgeordnete Serap Güler habe sich noch von den islamischen Verbänden dafür feiern lassen, dass sie alle kritischen Nachfragen zu den Verbänden zurückgewiesen habe, so Beck. Güler hatte im November 2015 zu Kritik aus den Reihen der Grünen an einer möglichen Verleihung von Körperschaftsrechten an muslimische Verbände in NRW von "pauschalen Vorverurteilungen“ gesprochen, die fehl am Platz seien.

In NRW haben sich 2007 die Türkisch-Islamische Union (Ditib), der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IRD), der Zentralrat der Muslime (ZMD) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) zu einer Dachorganisation mit dem Namen „Koordinationsrat der Muslime“ (KDR) zusammengeschlossen. Die rot-grüne Landesregierung hatte sich grundsätzlich dafür ausgesprochen, die muslimischen Verbände als Körperschaften des öffentlichen Rechts anzuerkennen.

Daraus ergäbe sich eine erhebliche rechtliche Besserstellung, wie sie auch die christlichen Kirchen und andere Religionsgemeinschaften genießen. Für die CDU hatte Güler im November die rot-grüne Landesregierung gefragt: "Hegt sie Zweifel an der Verfassungstreue der Organisationen? Gibt es neue Erkenntnisse, die einer Anerkennung im Weg stehen könnten?“

Grünen-Chef Cem Özdemir warnte am Wochenende erneut vor einer "türkischer Pegida“ und kritisierte insbesondere Ditib. Der Verband , forderte Özdemir in der Bild am Sonntag. Özdemir warnte: "Wenn wir unsere Schulen für muslimischen Religionsunterricht über Ditib öffnen, lassen wir zu, dass Erdoğans Ideologie im Unterricht in unserem Land verbreitet wird. Das finde ich unerträglich.“ Doch das ist das Programm von Ditib.

Einleitend heißt es zur Predigt am Freitag: "Das Leben mit Ehre und Würde in Freiheit sowie die Ausführung der religiösen Aufgaben ist nur durch das das Eintreten für eine unabhängige Heimat möglich. Aus diesem Grund wird in unserer Religion die Heimatliebe als Teil des Glaubens betrachtet."