Rekordentlastungen versprochen Bundestag beschließt Etat für 2023 - Schuldenbremse trotz 45,6-Milliarden-Krediten

Der Bund zieht wieder die Schuldenbremse. Der Haushalt für 2023 finanziert trotzdem Hilfen für Bürger und Wirtschaft. Manche finden ihn unsozial, andere kritisieren Tricks. Fest steht: Die großen Puffer sind aufgebraucht.

Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, spricht bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Im Kampf gegen die Energiekrise nimmt der Bund im kommenden Jahr Kredite von rund 45 Milliarden Euro auf und finanziert zahlreiche Hilfen für Bürger und Wirtschaft. Der Bundestag beschloss am Freitag den Etat für das Jahr 2023. „Wir bewältigen die Krise, aber wir vernachlässigen die Zukunftsaufgaben dieses Landes dabei nicht“, betonte Finanzminister Christian Lindner (FDP). In seinem Etat wird erstmals nach drei Ausnahmejahren die Schuldenbremse wieder eingehalten. Wegen der schlechten Konjunkturerwartung sind trotzdem Kredite erlaubt.

Lindner sprach von Rekordentlastungen und Rekordinvestitionen, die SPD-Haushaltspolitikerin Bettina Hagedorn von einem Haushalt, „der nicht nur vom Volumen her enorm ist, sondern der auch auf die Erfordernisse der Zeit die richtigen Antworten findet“. Die Union kritisierte vor allem, dass der Etat für die Bundeswehr nicht wie von Kanzler Olaf Scholz avisiert auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung anwachse. Linke und AfD sahen generell falsche Schwerpunkte.

Insgesamt hat der Bundeshaushalt 2023 ein Volumen von 476,29 Milliarden Euro. Große Posten haben mit den Folgen des Ukraine-Kriegs und den hohen Preisen für Gas, Strom und Lebensmittel zu tun. Dazu gehören etwa eine milliardenschwere Wohngeld-Reform, ein Zuschuss zu den Heizkosten für Bedürftige und steuerliche Entlastungen.

Für Familien, die besonders unter der hohen Inflation leiden, steigt das Kindergeld auf einheitlich 250 Euro pro Monat und Kind. Das bisherige Hartz IV wird von einem Bürgergeld mit deutlich höheren Leistungssätzen und neuem Vorgehen der Jobcenter gegenüber Arbeitslosen abgelöst.

Außerdem müssen 48 Millionen Bürger weniger Steuern zahlen. Der Staat verzichtet auf Einnahmen von 18,6 Milliarden Euro, indem er die Inflationsfolgen bei der Einkommensteuer ausgleicht. Dafür steigt der Grundfreibetrag, also das Einkommen, bis zu dem keine Steuer gezahlt werden muss. Auch andere Eckwerte im Steuertarif werden angepasst. Das soll ausgleichen, dass die Menschen wegen der hohen Inflation weniger Kaufkraft haben.

Linken-Haushälterin Gesine Lötzsch warf der Ampel-Regierung eine unsoziale Politik vor. Die Regelsatzerhöhung für Arbeitslose gleiche nicht einmal die Inflation aus, Krisengewinner würden nicht zur Kasse gebeten. Lindner entgegnete: „Soziale Gerechtigkeit bemisst sich daran, dass die Menschen, die bedürftig sind, nicht alleine gelassen werden. Aber soziale Gerechtigkeit hat auch eine andere Komponente, nämlich Fairness gegenüber denjenigen, die mit ihrer Arbeit dieses Land tragen und hohe Steuern und Abgaben zahlen.“

Besonders wichtig war dem Finanzminister bei seinem ersten, komplett selbst verantworteten Etat die Rückkehr zur Schuldenbremse gewesen. Dabei hilft ihm die schlechte Konjunkturerwartung, die trotzdem Kredite von 45,6 Milliarden Euro ermöglicht. Lindner betonte, zu sehr rühmen dürfe sich die Bundesregierung nicht. Das gesamtstaatliche Defizit sei enorm, auch weil die Energiepreisbremsen abseits des normalen Haushalts über ein kreditgefülltes Sonderprogramm finanziert würden.

Unions-Haushälter Helge Braun bezeichnete es als problematisch, dass im Etat kein Geld zur Seite gelegt werde für Probleme, die man jetzt noch nicht kenne. „Dieser Haushalt ist schon jetzt auf Kante genäht“, betonte er. Lindner räumte ein, die Rücklagen seien nahezu aufgebraucht. Der Haushalt für 2024 werde daher auch ungleich schwieriger als dieser. „Wir haben also keine Alternative: Wir müssen weiter mutig bleiben“, betonte er.

(dpa)