Politik Das kam beim Koalitionsausschuss raus - Klimaschutz, Lkw-Maut und Wärmebereich
Die Ampel-Koalition hat sich auf einen gemeinsamen Kurs verständigt. Einer der Streitpunkte war die Verkehrsinfrastruktur.
Die Ampel-Parteien haben sich in ihren Marathonberatungen auf einen gemeinsamen Kurs in der Klima- und Infrastrukturpolitik verständigt. In fast 30-stündigen Beratungen einigten sich die Spitzen von SPD, Grünen und FDP auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen zum schnelleren Ausbau der Infrastruktur, zur Umrüstung von Heizungen und zu Anpassungen beim Klimaschutzgesetz. Die Parteivorsitzenden Lars Klingbeil (SPD), Ricarda Lang (Grüne) und Christian Lindner (FDP) werteten die Beschlüsse als Beleg für die Handlungsfähigkeit und den Gestaltungswillen der Koalition.
SPD-Chef Klingbeil sagte, die drei Koalitionsparteien seien „hoch zufrieden“ mit den Ergebnissen. FDP-Chef Lindner sagte: „Wir haben echte Durchbrüche erzielt, wirkliche Paradigmenwechsel.“ Grünen-Chefin Lang betonte: „Wir gehen jetzt endlich auch Strukturreformen an.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf Twitter: „Nach vielen Stunden intensiver Diskussionen kann ich sagen: Es hat sich gelohnt.“ Vertreter aller drei Parteien räumten ein, dass die Verhandlungen nicht einfach gewesen seien.
Einen weitreichenden Eingriff plant die „Ampel“ in das Klimaschutzgesetz, bei dem die FDP einige ihrer Vorstellungen durchsetzen konnte. Demnach sollen die strikten jährlichen Sektorenziele etwa für den Verkehr oder den Gebäudebereich aufgeweicht werden, sagte Parteichef Lindner. Sie sollen durch eine sektorübergreifende und mehrjährige Gesamtrechnung ersetzt werden, heißt es dazu im Koalitionspapier. Der Fokus liege „auf einer langfristig wirksamen, ökonomisch vernünftigen und sozial gerechten Transformation“.
Eine geplante Flexibilisierung im Naturschutzrecht soll laut Lindner zudem zur Planungsbeschleunigung beitragen: Für den Grünflächenausgleich, also den bisherige Grundsatz, wonach es für den Verlust von Naturflächen Kompensationen auf anderen Flächen geben muss, könne künftig „auch durch eine Geldleistung“ realisiert werden.
Die Lkw-Maut soll im kommenden Jahr steigen, um damit Investitionen für die Bahn zu finanzieren. Die zusätzlichen Einnahmen sollten zu 80 Prozent „in den Ausbau der Schiene, in eine moderne Bahn fließen“, sagte Grünen-Chefin Lang. Den Finanzbedarf der Bahn bezifferte sie auf 45 Milliarden Euro bis 2027. FDP-Chef Linder sprach von einem „CO2-Aufschlag“ auf die Lkw-Maut, der „sehr überwiegend“ in die Schiene investiert werde.
Einen Kompromiss fand die „Ampel“ auch in der Streitfrage, welche Projekte der Verkehrsinfrastruktur künftig beschleunigt geplant und umgesetzt werden - bei der Bahn soll dies massiv erfolgen, bei Autobahnen nur begrenzt bei bestimmten Abschnitten. Lang sprach von einer „begrenzten Anzahl von Straßen“, für die dies gelte. FDP-Chef Lindner nannte „144 Autobahnprojekte“, die als „von überragendem Interesse eingestuft“ und entsprechend prioritär behandelt würden.
Im Wärmebereich verständigten sich die Koalitionäre auf eine Abschwächung des umstrittenen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingebrachten Vorschlags eines Verbots von Öl- und Gasheizungen. „Es wird keine Austauschpflicht geben für bestehende Heizungen, sondern lediglich Vorgaben für neu eingebaute Heizungen“, sagte Lindner dazu.
Der Bundesfinanzminister betonte, die Beschlüsse des Koalitionsausschusses hätten „keine direkte Wirkung für den Bundeshaushalt“. Das Geld für den geplanten Sozialausgleich für das Auslaufen von Öl- und Gasheizungen solle nicht aus dem Haushalt kommen, sondern aus dem bereits bestehenden Transformationsfonds.
Die Parteivorsitzenden machten keinen Hehl daraus, dass die Einigung auf das 16 Seiten umfassende Beschlusspapier nicht einfach war. SPD-Chef Klingbeil sagte: „Das waren Diskussionen, wo wir ringen mussten.“ Grünen-Chefin Lang betonte: „Das geht für jeden auch mal mit Zumutung einher, aber am Ende haben wir uns als Ampel auf diesen Weg gemacht.“ FDP-Chef Lindner hob hervor, in den Beschlüssen habe „jeder auch noch einen speziellen Punkt bekommen, über den sie oder er sich besonders freut“.
Das Spitzentreffen der Koalition hatte am Sonntagabend gegen 18.30 Uhr begonnen und war am Montagnachmittag nach knapp 20 Stunden Dauer unterbrochen worden. Am Dienstag setzten die Koalitionsspitzen dann ab 10.20 Uhr ihre Beratungen fort bis zur Einigung kurz nach 19.00 Uhr.