Der Kreml sucht neue Ziele im Weltall

Kurz vor der Mission des Deutschen Alexander Gerst in der ISS-Raumstation kündigt Russland die Zusammenarbeit zum Jahr 2020.

Die Raumstation ISS schwebt 400 Kilometer über der Erde.

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Moskau. Gewissenhaft bereitet sich Alexander Gerst in diesen Frühlingstagen in Moskau auf seine Reise ins All vor. Ab dem 29. Mai wird der Geophysiker aus Künzelsau der nächste Deutsche auf der Internationalen Raumstation ISS sein — und wie es aussieht, wohl auch der letzte Deutsche. Denn in einem spektakulären Schritt kündigt Russland nach mehr als 15 Jahren ein Ende seines Engagements bei dem fliegenden Labor an. Dabei handelt es sich wohl auch um eine Reaktion auf US-Sanktionen gegen Moskau im erbitterten Ukraine-Konflikt. Experten fürchten, dass auf dem Außenposten der Menschheit bald die Lichter ausgehen könnten.

Russlands Entscheidung komme zur richtigen Zeit, meint Wladimir Surdin von der Staatlichen Universität Moskau. Der Unterhalt der Raumstation rund 400 Kilometer über der Erde koste viel Geld, während der Erkenntnisgewinn der Experimente an Bord mittlerweile gering sei. „Russland kann von dort aus noch nicht einmal spionieren, weil uns die Amerikaner ständig über die Schulter schauen“, sagt der Wissenschaftler. Für die Raumfahrtnation sei es Zeit, sich neuen Zielen zuzuwenden.

Russlands westliche Partner reagieren zunächst behutsam. Aber hinter vorgehaltener Hand äußern viele Enttäuschung. Denn nach dem kosmischen Wettlauf zwischen der Sowjetunion und den USA im Kalten Krieg ist die ISS heute auch ein Symbol der Völkerverständigung.

Zwar läuft der Vertrag über den Betrieb der wesentlich von Deutschland mitfinanzierten Forschungsstation erst in knapp sechs Jahren aus. Aber zuletzt waren sich alle Beteiligten weitgehend einig über eine Verlängerung des Projekts, das von Russland, den USA, der europäischen Weltraumagentur Esa sowie von Kanada und Japan geleitet wird. Vom technischen Zustand her könne die ISS sogar mindestens bis 2028 unterhalten werden, hieß es stets.

Nun der Paukenschlag: Bei einem Treffen mit Russlands Raumfahrtchef Oleg Ostapenko verkündet Vize-Ministerpräsident Dmitri Rogosin, Moskau werde den 2020 auslaufenden ISS-Vertrag nicht verlängern: „Wir wollen unsere finanziellen Ressourcen für Weltraumprojekte nutzen, die in die Zukunft gerichtet sind.“ Einzelheiten nennt er nicht — aber in der Vergangenheit hatte Rogosin etwa eine russische Mission zum Mond oder gar zum Mars ins Spiel gebracht.