Der Mann, der Amerika neu erfindet

Präsident Obama hat die USA in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit im Eiltempo verändert.

Washington. Am Donnerstag feiert US-Präsident Barack Obama seinen einhundertsten Tag im mächtigsten politischen Amt der Welt. In drei Monaten hat er Amerika verändert wie kein Präsident vor ihm: Die Regierung entfaltet einen geradezu fieberhaften Aktivismus, schaut der Privatwirtschaft über die Schulter und greift stärker ins Marktgeschehen ein als jemals zuvor.

Gleichzeitig hat der neue Präsident im Eiltempo Relikte aus der Ära seines Vorgängers George W.Bush entrümpelt, nicht zuletzt die dreiste Missachtung von Menschenrechten und internationalen Konventionen. Denn Obama setzt nicht auf Alleingänge, sondern auf Partnerschaft und Diplomatie.

Bei seinen Landsleuten kommt der Kurswechsel gut an. Noch nie schnitt ein Präsident in Wählerumfragen so gut ab wie Obama. Amerika glaubt mittlerweile an den versprochenen Wandel. Beeindruckt sind die US-Bürger vor allem von der kolossalen Energie und jenem ansteckenden Optimismus, den ihr neuer Präsident versprüht.

Mit beispielloser Konsequenz hat Obama Mega-Programme zur Rettung des Finanzsystems und zur Wiederbelebung der weltgrößten Volkswirtschaft umgesetzt.

In weiten Teilen Amerikas, wo neue Straßen gebaut oder repariert, Schulen renoviert werden und Unternehmen sowie Regierungsbehörden zunehmend auf erneuerbare Energiequellen umsatteln, sind die ersten Erfolge der öffentlichen Ausgabenprogramme, die vier Millionen neue Stellen schaffen sollen, bereits erkennbar.

Allerdings wird vielen Amerikanern schwindelig angesichts der Geldmenge, die Barack Obama für die Wiederbelebung der Wirtschaft in die Hand nimmt. Werden die Vereinigten Staaten in den kommenden Jahren von ihren Schulden erdrückt werden? Dieses Risiko geht Obama ein - er muss es eingehen, wie viele Ökonomen sagen.

Trotz Wirtschaftskrise fand er auch die Zeit, an der außenpolitischen Front neue Akzente zu setzen. Seine Europareise nahm Obama zum Anlass, eine neue Ära des Multilateralismus einzuläuten und damit das lädierte Image der USA wiederherzustellen. Kanzlerin Angela Merkel hat ebenso wie der britische Premier Gordon Brown und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy erkannt, dass der neue US-Präsident den Europäern nicht amerikanische "Werte" aufzwingen will, sondern den partnerschaftlichen Dialog sucht.

Nach Ansicht von Kritikern geht Obama mit seiner konzilianten Haltung sogar zu weit. Dass er während seiner Lateinamerikatournee dem venezuelanischen Diktator Hugo Chavez die Hand gab und auch den direkten Dialog mit Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad nicht ausschließt, werten viele konservative Amerikaner als Zeichen politischer Blauäugigkeit.

Positiv bewerten sie hingegen seine Entscheidung, Truppen aus dem Irak abzuziehen und bei der Terrorbekämpfung den Schwerpunkt auf Afghanistan und Pakistan zu setzen.

Unterm Strich sind die US-Wähler nach 100 Tagen mit ihrer Wahl-Entscheidung hochzufrieden. Obama genießt ebenso wie "First Lady" Michelle Superstar-Status wie kein Politiker seit John F. Kennedy.