Der Terror lauert im Internet

Islamistische Propaganda war Auslöser für das Blutbad von Frankfurt mit zwei Toten.

Karlsruhe. Der oberste Terrorermittler der Bundesanwaltschaft schien sich selbst nicht ganz sicher zu sein, ob er da eine gute Nachricht bekannt gibt: Arid Uka, der Attentäter vom Frankfurter Flughafen, gehörte zu keiner Terrorgruppe. Der 21-Jährige wurde allein radikal. Allein, aber nicht von selbst: Uka wurde angestachelt durch islamistische Gewaltpropaganda im Netz. Die Tat, sagt Bundesanwalt Rainer Griesbaum, sei „Hinweis für die Gefährlichkeit des virtuellen Dschihads im Internet“.

Bis zum Attentat hatte niemand den im Kosovo geborenen und in Frankfurt aufgewachsenen Schulabbrecher im Blick. Er gehörte nicht zur sichtbaren Islamistenszene, es ist nicht einmal bekannt, ob er eine Moschee besuchte. Früher hatte er im selben Haus gewohnt wie der spätere Hamburger Islamist Rami M., doch da, so ein Ermittler, war er zwischen fünf und 15 Jahre alt. Nur auf Facebook war er mit anderen Gesinnungsgenossen befreundet.

Auslöser der Bluttat soll ein Video auf YouTube gewesen sein. Der Film zeigt angeblich US-Soldaten, wie sie in Afghanistan ein Haus plündern und die Tochter der Familie vergewaltigen. „Wenn sich das bestätigt, dann hat die Bluttat eine persönliche Genese“, sagt Griesbaum.

Andererseits ist es für die Ermittler erschreckend zu sehen, wie schnell junge Menschen bereit sind, sich — angestachelt von der Propaganda im Internet — dem Dschihad anzuschließen. Arid Uka hat sich an den Internetforen der radikalen Salafisten-Szene beteiligt, ist dort aber nie aufgefallen. Auch die Ideen des umstrittenen Predigers Sheikh Abdullatif sind ihm nicht fremd, aber im echten Leben hat er den von der Polizei überwachten Vordenker wohl nie getroffen. Trotzdem hat Uka zur Waffe gegriffen. „Gegen solche Einzel- und Spontantaten gibt es kein wirksames Instrumentarium“, sagt Griesbaum.

Der Feind muss laut Griesbaum dort bekämpft werden, wo er sich so wirkungsvoll in Szene setzt: im Internet. Dort rufen Hassprediger zum Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen auf, werden Videos von Kriegsgräueln im Irak oder Afghanistan gezeigt und mit entsprechenden Kommentaren versehen. „Diese Propaganda ist es, die junge Menschen durch einen perfiden Missbrauch religiöser Glaubenssätze zu Bluttaten verführen kann“, sagt der Ermittler.

Die Arbeit im Internet sei „schwierig und langwierig“, sagt Griesbaum. Unverzichtbar sei das „Gemeinsame Internetzentrum“, in dem die Sicherheitsbehörden Internetseiten beobachten. Griesbaum fordert keine neuen Gesetze. „Entscheidend ist das technische und rechtliche Know-how.“