EU-Eingreiftruppen haben nichts zu tun — nun droht ihnen das Aus
Ursprünglich sollten die Verbände in Krisenregionen außerhalb Europas geschickt werden. Derzeit wird über einen Umbau diskutiert.
Luxemburg. Sie stammen aus den Zeiten, als die EU-Staaten von allem noch mehr hatten: mehr Geld, mehr Lust auf militärische Kooperation und mehr Ehrgeiz, außerhalb des alten Kontinents für Frieden, Recht und Ordnung zu sorgen — notfalls mit Waffengewalt. Dafür wurden 2004 die „Battle Groups“ ins Leben gerufen, die schnellen Eingreiftruppen der Europäischen Union.
Zwei 1500 Mann starke Verbände aus mehreren Mitglieds- und einigen Partnerstaaten stehen jeweils ein halbes Jahr in Bereitschaft, um in einer Krise binnen zehn Tagen zu intervenieren. Als Haupt-Einsatzort dachte man an Nachbarregionen in Afrika. An Krisen herrschte kein Mangel — im Kongo, im Tschad oder in Mali. Doch die „Battle Groups“ blieben in den Kasernen.
Die Enttäuschung wächst. Was der Beschleunigung dienen sollte, führt zu Verzögerung, klagt ein französischer Diplomat mit Blick auf den Nachbarn im Osten: „Da tut man alles, um einen Einsatz zu vermeiden.“ Bei Brüsseler Diplomaten macht die Parole vom „Rückzug ohne Kampf“ die Runde.
Die Briten, die einer militärischen Ertüchtigung der EU ohnehin nichts abgewinnen können, wollen die „Battle Groups“ deswegen in kleinere Einheiten zerlegen. Auch Schweden, Niederlande, Lettland und Litauen bevorzugen das Konzept „Werkzeug-Kiste“.
Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) ist dagegen — obwohl die Deutschen bei den Partnern im Verdacht stehen, auf die Bremse zu steigen, wenn die Frage ansteht, ob man die Verbund-Soldaten ins Feld schicken soll. „Die Battle Groups haben sich bewährt als ein starkes Element gemeinsamer europäischer Sicherheitspolitik“, versicherte der CDU-Mann. „Dass es noch keinen vollen Einsatz gegeben hat, spricht nicht gegen das Konzept.“
Aus deutscher Sicht haben nämlich die EU-Kampfverbände die zweite Aufghabe erfüllt: das, was die Militärs „Inter-Operabilität“ nennen — also die Fähigkeit von Verbänden aus mehreren Ländern, beim Einsatz tatsächlich zusammenzuwirken.
Diese Fähigkeit wollen die Deutschen nun auch da nutzen, wo sie dringenderen Bedarf sehen als bei unmittelbarer militärischer Auseinandersetzung. Auch bei Ausbildung, Training, Beratung oder medizinischer Hilfe sei nämlich rasches Handeln ausgebildeter Kräfte geboten. Das Beispiel Mali zeige, wie schwierig es werde, wenn man in einer Krise einheimische Sicherheitskräfte ausbilden wolle, die Ausbilder-Truppe aber erst zusammenstellen müsse. So soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung die zweite der beiden parallel in Bereitschaft stehenden Einsatztruppen diese neue Funktion bekommen.
Ob die Partner vom deutschen Plan „Rettung durch Umwidmung“ zu überzeugen sind, muss sich noch zeigen. Eine Entscheidung soll der EU-Gipfel im Dezember fällen.