EU: Problemfall Zypern übernimmt das Steuer
Das Land hat sich gerade erst unter den Rettungsschirm geflüchtet und führt nun den EU-Vorsitz.
Brüssel. Auch den Zyprern selbst ist die Sache nicht geheuer: „Wir liegen weit weg, sind ein kleines Land, haben das noch nie gemacht und stecken in gewaltigen Problemen”, sagt Europaminister Andreas Mavroyannis, der jetzt in Brüssel die Pläne der Insel für ihr Halbjahr als EU-Chefmanager vorstellte.
Doch alle Skeptiker seien eingeladen, die zyprische „Präsidentschaft”, wie der Vorsitz im EU-Jargon heißt, an den Resultaten zu messen. Vorerst stehen die Schwierigkeiten im Vordergrund.
Ganz oben rangiert dabei der Umstand, dass zum ersten Mal ein Staat die Geschäftsführung der EU übernimmt, der sich unter den Rettungsschirm flüchten musste. Nach EU-Schätzungen werden rund zehn Milliarden Euro benötigt, um die Banken zu stabilisieren, die im griechischen Abwärtsstrudel unterzugehen drohen.
Im Gegenzug muss sich Zypern strengen Auflagen der Kreditgeber (EU-Kommission, Europäische Zentralbank, IWF) unterwerfen — da bleibt kaum Führungskraft übrig.
Die ist mangels Masse ohnehin nicht imposant. Die Inselrepublik, abzüglich des türkischen Nordens, der sich 1974 abspaltete, zählt 860 000 Einwohner und ist damit das drittkleinste EU-Mitglied.
Trotzdem legen die jetzt in Brüssel tätigen zyprischen Diplomaten Wert darauf, dass man den Anforderungen gewachsen sei. Das Gerücht, die Verhandlungen über den EU-Finanzrahmen 2014-2020 habe Gipfel-Präsident Herman Van Rompuy den Zyprern aus der Hand genommen, wird energisch dementiert.
Das zweite schwere Handicap ist der geteilte Status. Das betrifft vor allem das getrübte Verhältnis zur Türkei, immerhin Beitrittskandidat der EU. Der Separat-Staat im Nordteil der Insel wird nur von Ankara anerkannt. Die EU hat die Aufnahmeverhandlungen ausgesetzt und verlangt die Öffnung türkischer Häfen und Flughäfen für Reisende und Fracht aus Zypern. Ankara fordert die wirtschaftliche und politische Gleichbehandlung seiner Schützlinge.
Zu den eigenen Problemen kommt die brisante Lage in der Ägäis und im Nahen Osten, der unmittelbaren Nachbarschaft. Doch Europaminister Mavroyannis meint: „Das Klima um uns herum ist nicht das beste, wir haben unsere eigenen wirtschaftlichen Probleme. Aber wir werden uns dadurch nicht ablenken lassen!”