FBI ermittelte schon seit Mai im Sexskandal um Petraeus
Washington (dpa) - Die Enthüllungen im Sexskandal um den zurückgetretenen CIA-Chef David Petraeus werden immer brisanter. Am Sonntagabend (Ortszeit) meldete sich erstmals jene Frau zu Wort, die die FBI-Ermittlungen zur Affäre von Petraeus mit seiner Biografin Paula Broadwell ausgelöst hatte.
Sie ist seit Jahren mit Petraeus und dessen Frau Holly befreundet. Geheimdienst-Experten des Kongresses fordern Aufklärung darüber, warum sie erst am Freitag von den bereits im Mai aufgenommenen FBI-Untersuchungen erfuhren - als Petraeus wegen der Affäre als CIA-Chef zurücktrat. Auch das Weiße Haus war Medienberichten zufolge erst am vergangenen Mittwoch unterrichtet worden, am Tag nach der Präsidentenwahl.
Die als Jill Kelley identifizierte Frau hatte nach Angaben der „New York Times“ anonyme Droh-E-Mails erhalten und sich aus Angst an die Bundespolizei gewandt. In den Mails wurde der 37-Jährigen demnach unterstellt, sie mache Petraeus schöne Augen. Als das FBI nach dem Absender forschte, stieß es den Berichten zufolge auf intime Mails, die Petraeus Broadwell geschickt hatte.
Kelley lernte Petraeus und dessen Frau kennen, als der General Chef des US-Zentralkommandos in Tampa (Florida) war, wie es weiter hieß. Ihre Beziehung zu Petraeus sei rein platonisch gewesen, wurden Bekannte von ihr zitiert. Jill Kelley und ihr Mann Scott veröffentlichten am Sonntagabend (Ortszeit) selbst eine Erklärung, in der es hieß, sie seien „seit mehr als fünf Jahren mit General Petraeus und seiner Familie befreundet“.
Der „New York Times“ zufolge begann die Affäre zwischen Broadwell und Petraeus im November, nach dem Ausscheiden des Generals aus dem Militär und etwa zwei Monate, nachdem er zum CIA-Chef berufen worden war. Laut „Washington Post“ war es Petraeus, der das Verhältnis dann offenbar vor wenigen Monaten beendete. Die Zeitung bezog sich dabei auf einen Familienfreund, nach dessen Angaben Petraeus in einer E-Mail tiefe Reue wegen seines Fehltritts gezeigt habe.
Wie es in der „New York Times“ weiter hieß, vernahm das FBI die Biografin Broadwell erstmals in der Woche vom 21. Oktober. Die 40-Jährige habe die Affäre zugegeben und auch freiwillig ihren Computer herausgerückt. Das FBI habe darin mehrere geheime Dokumente gefunden. Die Untersuchungen hätten sich dann darauf konzentriert, ob diese Papiere von Petraeus stammten.
Der CIA-Chef selbst sei erstmals Ende Oktober befragt worden. Er habe ebenfalls die Affäre eingestanden, aber wie Broadwell kategorisch verneint, dass die geheimen Dokumente auf dem Rechner seiner Geliebten von ihm stammten. Zu diesem Zeitpunkt sei das FBI zu dem Schluss gekommen, dass Petraeus offensichtlich kein Verbrechen begangen habe und keine strafrechtlichen Folgen zu erwarten seien.
Nach Angaben der „New York Times“ informierte das Justizministerium, dem das FBI unterstellt ist, dann am Abend des 6. November - des Wahltages - den Nationalen Geheimdienstdirektor James Clapper. Er ist der Chefkoordinator aller 17 US-Geheimdienste. Clapper, so hieß es weiter, legte Petraeus den Rücktritt nahe und informierte am vergangenen Mittwoch das Weiße Haus.
Dianne Feinstein, Vorsitzende des Geheimdienst-Ausschusses des Senats, erklärte, ihr Gremium werde selbstverständlich volle Aufklärung darüber verlangen, warum es im Dunkeln gelassen worden sei. Ein derartiger Fall hätte Auswirkungen auf die nationale Sicherheit haben können, „und wir hätten unterrichtet werden müssen“, sagte Feinstein dem Sender Fox News.
Ein auf der Internetplattform YouTube aufgetauchtes Video löste am Montag neue Spekulationen darüber aus, ob die Petraeus-Geliebte über geheime Informationen verfügte. Es handelt sich um den Mitschnitt einer Rede Broadwells Ende Oktober in Denver. Darin stellt sie die Behauptung auf, dass die Terroristen bei ihrem Angriff auf das US-Konsulat in der libyschen Stadt Bengasi am 11. September mehrere auf dem Gelände festgehaltene Milizionäre hätten befreien wollen.
Petraeus wisse das alles, er habe bereits 24 Stunden nach der Attacke davon erfahren, ist Broadwell in dem Video weiter zu hören. Ihren Angaben zufolge waren die Gefangenen in einem CIA-Gebäude auf dem Konsulatsgelände untergebracht.
Nach einem Bericht der „Washington Post“ weist die CIA Broadwells Darstellung entschieden zurück. Die Zeitung verweist zugleich darauf, dass ihre Äußerungen früheren Angaben des Senders Fox News entsprächen, der sich damals auf eine einzige Quelle berufen hatte. Es sei möglich, dass Broadwell die Darstellung des Senders aufgegriffen habe, um sich wichtig zu machen, oder sie auch einfach nur für einen gesicherten Fakt gehalten habe. Es sei aber auch nicht auszuschließen, dass ihr geheime Informationen herausrutschten, die sie von einer CIA-Quelle erhalten habe.